Musik ist das Jugendthema schlechthin: Sie kommuniziert Stimmungen und Gefühle und hilft mit diesen umzugehen. Mehr noch ist sie kulturelles Ausdrucksmittel, sie wirkt identitätsstiftend für Gruppen und kann bei der Abgrenzung zu anderen helfen. Doch kann Musik diese Rolle auch bei jugendlichen CI-Nutzern erfüllen? Gehört.Gelesen wollte es genau wissen und hat deswegen einige Nutzer, vom Teenager bis zum jungen Erwachsenen, zu ihren Musik-Gewohnheiten befragt.

Bessere Laune mit Musik
Die 15-jährige Sophie Adzic ist seit ihrem zweiten Lebensjahr CI-Nutzerin. Sie besucht die International Highschool Herzogberg in Perchtoldsdorf.
Ich habe früher Klavier und Flöte gespielt und Gesangsunterricht genommen. Aber mit der Zeit habe ich vor allem beim Singen bemerkt, dass ich die Töne doch anders höre als normalhörende Menschen. Dadurch habe ich nach und nach den Mut verloren, vor anderen zu singen.
Aber ich höre jeden Tag in der Früh Musik, um besser munter zu werden und weil ich dann wegen der Musik meistens bessere Laune habe. Meine Lieblingsmusikrichtung ist Pop, meine Lieblingskünstler sind Katy Perry, Pink, Ed Sheeran und Demi Lovato. Meistens höre ich über die Lautsprecherfunktion von Handy und Laptop, nur im Zug höre ich mit Kopfhörern. Hintergrundmusik in Lokalen hat mich bis jetzt noch nie so richtig gestört, oder nur, wenn es die restlichen Leute gestört hat.
Musik immer dabei
Der 19-jährige Emil Valenta hat letztes Jahr an einer Regel-AHS in Wien Döbling maturiert. Seine Freunde sind fast alle normalhörend, er selbst hört seit seinem elften Lebensmonat mittels CI.
Ich höre täglich Musik, auf jeden Fall Hip-Hop, englischen und deutschen Rap und natürlich auch die Charts – wie alle anderen. Meist in der S-Bahn suche ich mir neue Lieder heraus, dabei bin ich auf die Musik konzentriert. Sonst höre ich sie sehr oft nebenbei, wenn ich mich in der Früh fertig mache oder auch wenn ich koche.
Ich höre am liebsten über Lautsprecher, aber wenn meine Eltern zuhause sind oder ich auf der Straße unterwegs bin, benütze ich Kopfhörer. Und hin und wieder gehe ich in Konzerte.
Früher habe ich einmal Gitarre zu lernen begonnen, aber ich habe festgestellt, dass mir der Ehrgeiz zum Üben fehlt.
Musik im Hintergrund stört mich lustiger Weise überhaupt nicht – oder erst dann, wenn es die anderen auch stört.
Musik – breit gefächert
Der 21-jährige Oliver Suchanek macht gerade eine Ausbildung zum Netzwerktechniker. Er fotografiert auch gerne und steht bei Poetry Slams auf der Bühne. Seine CIs hat er mit zwei und sieben Jahren bekommen.
Ich höre jeden Tag sechs bis sieben Stunden Musik, immer zwischendurch: Wenn ich unterwegs bin, beim Lernen, beim Kochen, am Abend, bevor ich schlafen gehe. Am liebsten höre ich Musical-Musik und klassische Stücke, aber auch Indie Rock, Metal, Rock, Alternative Punk, und vieles mehr. Wann immer es geht, gehe ich zu Konzerten oder ins Musiktheater. Zwischendurch höre ich die Musik aber am Handy oder Laptop – mit der Spotify-App und meiner Teleschleife.
Ich habe auch sechs Jahre lang selbst Gitarre gespielt und ein bisschen Klavier. Seit Kurzem lerne ich auf einer Ukulele zu spielen. Und ich singe, wo immer es geht, selbst wenn es mal schief klingt – dafür singe ich mit Freude.
Musik als Hintergrundberieselung in Lokalen stört mich aber schon oftmals: Wenn ich mit maximal zwei Leuten im Kaffeehaus bin, geht es noch problemlos. Aber bei mehreren Leuten überfordert mich dann der Geräuschpegel im Hintergrund.
Musik zum Entspannen und Verarbeiten
Der 27-jährige Florim Mehmeti hat seine beiden Cochlea-Implantate im Alter von vier und acht Jahren bekommen. Sie helfen ihm, die Herausforderungen weiterer Einschränkungen im Alltag zu bewältigen. Seine Mutter beschreibt seine Liebe zur Musik:
Florim hört gerne CDs verschiedener Musikrichtungen. Zu unserem Leidwesen hört er immer jeweils eine CD über einen längeren Zeitraum, und das über Lautsprecher – Kopfhörer mag er gar nicht. Aber für Florim ist Musik einfach sehr wichtig.
Schon morgens nach dem Aufstehen, stimmt sie ihn auf den Tag ein und verkürzt ihm das Warten auf den Fahrtendienst. Wenn er dann nachmittags von der Werkstätte nach Hause kommt, entspannt er mit Musik. Sie hilft ihm auch, bewegende Erlebnisse zu verarbeiten: Wenn zum Beispiel Besuch aus Montenegro da war, hört Florim einige Zeit lang albanische Musik. Aber auch dann, wenn er selbst gerade nicht aktiv Musik hört, stört ihn Hintergrundmusik nicht.
Zu Disco-Musik singt Florim gern selbst mit. Sein absoluter Karaoke-Favorit ist Mamma Mia. Er spielt aber auch gerne mit Instrumenten, mit Rhythmusinstrumenten ebenso wie mit dem Keyboard, der Gitarre oder der Flöte. Er mag es, den Klang eines Tons zu hören und diesen Ton dann zu verändern. Er hat sogar schon bei der von „Integration Wien“ unterstützten Band mitgespielt.