Mit Cochlea Implantat in exotischen Ländern
Die 80-jährige Liselotte Baumgartner ist schon seit jungen Jahren schwerhörig, seit 21 Jahren beidseits implantiert mit CI und EAS-System. Sie bereiste, früher mit ihrem mittlerweile verstorbenen Gatten, die entlegensten Winkel der Welt.
Wir haben unser Geld immer in Kilometer umgesetzt. Außer für die erste Nacht haben wir kein Quartier bestellt. Unsere Reiserouten haben sich ergeben: Wo die Menschen nett waren, sind wir länger geblieben. Wenn andere Touristen uns schöne Orte nannten, haben wir das ausprobiert. Die Unterkünfte waren manchmal sehr einfach und nicht immer sicher. Heute wäre ich wählerischer.
1975 waren wir zum Beispiel mit einem alten VW Bus zu dritt im Hindukusch. In Darkot begann unsere Bergtour: Ich sammelte damals Pflanzen für das Naturhistorische Museum, was unser Begleitoffizier nicht wissen sollte. Mit Hilfe der Kinder dort habe ich das geschafft.
Nach einem Unglück in Spitzbergen 1977, bei dem ein Freund von uns von einem Eisbären getötet und mein Mann verletzt wurde, waren wir nur mehr allein unterwegs. Ich erinnere mich an viele schöne Destination: Die kleinen Sundainseln haben wir besonders geliebt, aber auch Neuseeland, das wir zwei Monate lang mit Van bereist haben.
Auf der Insel Borneo, bei der Reise mit einem Bemo – einem Sammeltaxi – hörten wir von einem schönen Dschungel-Trail. Wir sind also bis zur „Endstation“ Pinawantai mitgefahren: Aber dort war nichts, auch keine Möglichkeit zurückzufahren. Sprachschwierigkeiten kamen dazu. Die Leute haben uns aber eingeladen zu übernachten: Alle Dorfbewohner kamen, um die zwei Dummköpfe aus Österreich zu sehen und brachten Cola und Geschenke mit. Man schläft dort auf Bambusmatten am Boden, in der Nacht mit allen möglichen Tieren; waschen geht man zum Fluss und zum Essen gibt es Reis.
Wie haben Reisen Ihr Leben beeinflusst?
Ich habe gelernt, wie gut es uns geht und wie reich wir sind. So habe ich nie eine modernere Küche benötigt als meine alte: Die Frauen im Hindukusch zum Beispiel kochen auf offener Feuerstelle. Ich hatte damals schon ein Hörgerät, die Menschen dort keine Krankenversorgung.
Reisen haben mich Offenheit gelehrt. Vorurteile, zum Beispiel gegenüber Religionen, sollte es nicht geben: Zu uns waren Hindus oder Menschen in islamischen Ländern immer freundlich. Es kommt immer auch darauf an, wie man sich selbst verhält. Als Frau allein in Ländern wie Java mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen, war in der dortigen Männerwelt nicht einfach – aber gerade dort traf ich dann besonders nette Frauen.
Ich habe immer noch Freunde, die ich auf Reisen kennengelernt habe.
War die Höreinschränkung ein Problem beim Reisen?
Ich war oft allein unterwegs, wenn mein Mann nachgekommen ist. Dann waren Hörprobleme eine Herausforderung, besonders die Lautsprecherdurchsagen am Flughafen: Ich musste zum Informationsschalter, um nachzufragen; eventuell aufschreiben, ob ich es richtig verstanden habe.
Mein erstes Erlebnis mit CI hatte ich am Flughafen in London. Der Kapitän teilte den wartenden Passagieren etwas mit, was ich nicht verstand. Ich ging daher hin und erklärte meine Hörsituation: Es war um eine Verspätung gegangen. Als wir später an Bord gehen konnten, riefen sie mich als „disabled person“ als Erste zum Einstieg: Ich musste damals fast lachen.
Unangenehm wurde es aber, wenn Zollbeamte die Batterien für Patronen hielten: Einmal verpassten wir deswegen den Anschlussflug. Unangenehm auch die umständliche Kontrolle statt des üblichen Metalldetektors: In letzter Zeit bin ich da oft flott durchmarschiert, ohne das CI zu erwähnen – den Prozessor habe ich natürlich ausgeschaltet.
Welche CI-Vorsorge nehmen Sie auf Reisen mit?
Ich hatte anfangs weder CI-Ersatz noch Servicematerial dabei – erst in den letzten Jahren. Batterien hatte ich aber immer ausreichend. Nur einmal ging beim Reinigen meines EAS-Prozessors der Schlauch vom Ohrpassstück ab. Das hat mich Stunden und Nerven gekostet.
Welchen Tipp geben Sie zur Reisevorbereitung?
Erlebnisreisen sind oft interessant. Fernreisen mit langen Flugstunden sollte man nur machen, wenn man genug Zeit hat. Dazu wäre auch Englisch wichtig, aber außerhalb der Touristenrouten hilft das oft auch nicht. Ich habe etwas Bahasa Indonesia gelernt, das ist in Südostasien hilfreich.
Als Individualtourist muss man sich vorher mit dem Ziel auseinandersetzen und kann sich dafür dort alles genau ansehen. Ich finde Kontakt zur Bevölkerung wichtig: Je länger man an einem Ort bleibt, desto besser lernt man die Leute kennen, wird manchmal sogar eingeladen. Interessant war für mich, mit normalen Schiffen in Indonesien zu reisen, auf denen nur Einheimische unterwegs sind. Als einzige Touristen waren wir oft schon müde von den vielen Gesprächen.
Was mich stört: Wenn Touristen Einheimische von oben herab behandeln oder das Personal ignorieren. Wenn die Leute etwas verkaufen müssen, scheinen sie vielleicht aufdringlich, aber auch dann kann man höflich ablehnen.
Reise mit Cochlea Implantat
Als Octavia Carnuntina beschäftigt sie sich mit verschiedenen geschichtlichen Epochen – bei Rollenspielen, als Kostümschneiderin und beim Playmobil-Theater; als Andrea Höller bereist die 45-Jährige gerne Großbritannien – seit 10 Jahren mit einem, mittlerweile mit zwei Cochlea Implantaten.
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