Cochlea Implantate helfen nach plötzlichem totalen Hörverlust
Ohne nachvollziehbaren Auslöser war das Hörvermögen deutlich verschlechtert oder ganz weg, erzählen auch manche spätere CI-Nutzer. Hörsturz ist eine spezifische Innenohrschwerhörigkeit, die Bezeichnung dient aber auch als Überbegriff für Höreinbußen unterschiedlicher Ursachen. Cochlea Implantate helfen bei totalem Hörverlust.
Gestern alles normal, heute plötzlich ein Gefühl wie Watte im Ohr? Ursache könnte eventuell ein Hörsturz sein, auch schon bei jungen Menschen. Wichtigstes Symptom ist die beschriebene Hörminderung um meist 15 bis 30 Dezibel in mehreren benachbarten Frequenzen, meist auf nur einem Ohr. Selten gehen bei einem Hörsturz bis zu 70 Dezibel Hörvermögen auf einmal verloren.
„Plötzlich habe ich beim Rasieren der einen Wange den Elektrorasierer viel leiser gehört, bei der anderen Wange wie gewohnt“, erzählt ein Betroffener. Andere beschreiben einen plötzlich ungewohnt blechernen oder halligen Klangeindruck am betroffenen Ohr. Durch das einseitige Auftreten ist oft auch die erste Auffälligkeit, dass die Lokalisation von Schallquellen plötzlich schwierig oder unmöglich wird.
Dr. Wendelin Wolfram ist Oberarzt an der Abteilung für Hals-, Nasen- und Ohrenerkrankungen am Klinikum Wels-Grieskirchen. In der dortigen Ambulanz wurden im Sommer 2022 jede Woche sechs bis acht Patienten aufgrund eines Hörsturzes behandelt; im Winter sind es dann meist etwas mehr, weiß der HNO-Spezialist aus langjähriger Erfahrung.
Unangenehme Begleiterscheinungen beim Hörsturz
Neben dem Hörverlust treten im betroffenen Ohr häufig auch Ohrgeräusche auf, die keiner äußeren Schallquelle zuzuordnen sind: ein sogenannter Tinnitus. „Man nimmt an, dass das Gehirn die Frequenzen, in welchen weniger gehört wird, kompensiert und dadurch subjektiv ein Geräusch wahrgenommen wird, zum Beispiel ein hoher Pfeifton“, erklärt Dr. Wolfram.
Gleichzeitig empfinden manche Betroffene Lärm als besonders störend: Weil das Zentrale Gehör zum Verarbeiten der nun leiseren Höreindrücke mehr Ressourcen benötigt, wirkt sich Störschall jetzt besonders hinderlich fürs Erkennen und Verstehen aus. Die gute Nachricht: Schwindel gehört nur selten zu den Begleiterscheinungen.
Ein Hörsturz kann viele Auslöser haben, Lärm ist keiner davon
Beim Verlassen einer Diskothek oder eines Konzertes hat wohl jeder schon einmal das Erlebnis gehabt, dass Straßen- und Umgebungsgeräusche plötzlich „angenehm leise“ wirken. Die wahrgenommenen Höreinbußen treten plötzlich auf und werden daher sofort registriert. In diesem Punkt ähneln sie einem Hörsturz, sind davon aber klar zu unterscheiden. In der Regel kann sich das Hörvermögen in so einem Fall aber wieder erholen, wenn dem Lärm eine längere Ruhephase folgt, die Lärmbelastung nicht zu oft vorkommt und der Lärm eine Lautstärke deutlich über der Schmerzgrenze nicht überschritten hat.
Anders beim klassischen Hörsturz, bei dem verschiedene Faktoren als Auslöser im Verdacht stehen: „Es kann sich um eine Durchblutungsstörung, eine Entzündung des Hörnervs, Degeneration von Sinneszellen oder auch eine Stoffwechselstörung im Innenohr handeln. Die tatsächlichen Ursachen für Hörsturz sind aber noch unbewiesen“, erklärt Dr. Wolfram, warum Vorbeugung hier kaum möglich ist. Treten die Symptome eines Hörsturzes auf, sollte aber nach spätestens 48 Stunden ein Facharzt aufgesucht werden!
Kein medizinischer Notfall, aber zügige Abklärung ist ratsam!
Dr. Wolfram kann Betroffene beruhigen: „Bei einem Hörsturz gibt es eine sehr gute Selbstheilungstendenz. Zu 60 bis 70 Prozent verschwinden die Symptome innerhalb weniger Wochen spontan. Vor dem Start einer Therapie nehmen wir uns daher zwischen 48 und 72 Stunden nach dem Auftreten der Symptome, um auszuloten, ob sich die Beschwerden bereits bessern.“
„Im hohen Alter sind es manchmal Gefäßverschlüsse, die einen Hörsturz verursachen“, erklärt Dr. Wolfram eine besonders unangenehme Form des Hörsturzes: Verschlüsse jener Blutgefäße, welche die Hörschnecke im Innenohr mit Sauerstoff versorgen sollten. „Solch ein Hörsturz ist selten reversibel.“
Weil in manchen Fällen ein ständiger Hörverlust zurückbleiben könnte, ist eine Kontrolle beim Facharzt angeraten. Er kann abschätzen, ob eine medikamentöse Therapie notwendig erscheint: In der Regel ambulant verabreichte Kortisongaben. Diese wirken entzündungshemmend und fördern die Erholung der geschädigten Zellen.
Bleibende Höreinbußen und wiederholte Hörstürze
In Europa und den USA erleiden jährlich ein bis zwei von 10.000 Einwohnern einen Hörsturz. Kann sich das Hörvermögen danach nicht zur Gänze erholen, können Hörgerät oder Hörimplantat helfen. Nur in seltenen Ausnahmen führt ein einziger Hörsturz zu dauerhafter, funktionaler Ertaubung am betroffenen Ohr: Weniger als zehn Prozent der CI-Kandidaten haben auf diesem Weg ihr Hörvermögen verloren.
Zwischen 30 und 40 Prozent der CI-Nutzer sind aber in Folge „wiederholter Hörstürze“ ertaubt. Dabei handelt es sich nicht um den klassischen Hörsturz, sondern um einen Schub im Krankheitsverlauf einer anderen Erkrankung des Innenohrs. Deswegen ist bei wiederholten Hörstürzen eine Abklärung sinnvoll, jedoch sind ursächliche Therapien bei Erkrankungen des Innenohrs selten verfügbar.
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