Wie können Eltern ihr Kind auf die Cochlea Implantation vorbereiten?
Die Entscheidung zu einer Implantation ist ein großes Ereignis für die Familie. Wie können Eltern ihr Kind in dieser Zeit unterstützen?
Ulrike Berndorfer
Im Vorfeld zur Cochlea Implantation bei einem Kind müssen Eltern viele Informationen einholen und Termine mit dem Kind wahrnehmen. Von den Eltern ist eine Entscheidung für das eigene Kind zu treffen, die für die ganze Familie herausfordernd ist. Emotionen spielen in der Phase der Diagnosestellung und Verarbeitung eine gewichtige Rolle: Wie geht es weiter? Was können wir tun?
Wichtig ist, dass das Kind im Fokus steht: Es erfährt vor, während und nach der Zeit der Implantation und Erstanpassung viele prägende Eindrücke. Eltern können ihr Kind während dieses Entwicklungsabschnitts gut unterstützen.
In der Vorbereitungszeit Rituale pflegen
Viele Kinder sind noch sehr klein – in der Regel unter einem Jahr – wenn sie ihr Hörimplantat bekommen. Eine sprachliche Vorbereitung auf das Ereignis ist in diesem Alter nicht möglich. Kinder brauchen daher in dieser Zeit besonders die Unterstützung ihrer engsten Bezugspersonen.
Rituale und Gewohnheiten, die das Kind in diesem Alter bereits kennengelernt hat, geben dem Kind Sicherheit und Vertrauen. Diese Stabilität gilt es unbedingt während dieser Zeit zu halten. Daher sollten vor der Implantation keine Veränderungen im Lebensalltag des Kindes geplant werden: kein Abstillen, Schnuller entwöhnen, Schlafplatz ins eigene Bett verlegen oder Ähnliches.
Viele Anliegen rund um die Operation können schon jetzt, im Vorfeld, beim Arztgespräch geklärt werden. Wir empfehlen unseren Familien, ihre Fragen auf ihrem Mobilgerät zu vermerken: Ein Zettel wird schnell vergessen oder verlegt. Eine klare Vorstellung vom Ablauf gibt den Eltern Sicherheit.
Ruhe finden in fremder Umgebung
Eltern kennen ihr Kind am besten und wissen, womit es sich gut beruhigen lässt. Manche Kinder brauchen körperlichen Kontakt, andere wollen gestillt werden oder beruhigen sich am besten mit einem Schnuller. Singen und Wiegen, Streicheln, Tragen, Kuscheln mit dem Lieblingstier sind Beispiele für Rituale, die dem Kind vertraut sind und ihm helfen, emotionale Eindrücke zu verarbeiten. Auch bekannte Gerüche schaffen Beruhigung in fremder Umgebung. Der eigene Schlafanzug, ein Kuscheltuch, das Lieblingstier, der Schal der Mama etc. können Erinnerungen an eine vertraute Umgebung schaffen und das Entspannen erleichtern.
Ein bis zwei Lieblingsspielsachen und Bilderbücher, die das Kind vom Alltagsritual zu Hause kennt, können es in das Krankenhaus begleiten und dort zum vertrauten Spielen ermuntern und ablenken. Manche Kinder genießen die Zeit mit Kuscheln und Bücher lesen, andere sind schnell wieder aktiv und brauchen Spielangebote.
Manche Eltern besorgen gern ein neues Spielzeug, das dann den Aufenthalt im Klinikum erleichtert. Das Kind erhält es als „kleine Aufmerksamkeit“. Die Interessen und Vorlieben des Kindes helfen bei der Auswahl. Bei kleinen Kindern sind Spielmaterialien beliebt, welche besonders die motorische Aktivität anregen: wie Einwurf- und Ausräumspiele. Je flexibler einfaches Spielmaterial verwendet werden kann, umso kreativer beschäftigt sich das Kind damit. Der Stapelbechersatz mit verschiedenen Formen und kleinen Figuren dient zum Beispiel zum Stapeln, Ausräumen, Einräumen, Verstecken spielen etc., Spielmaterial aus Plastik oder Holz kann nach dem Klinikaufenthalt leicht gereinigt werden.
Gut begleitet in die Operation
In Absprache mit dem ÄrztInnen- und OP Team vor Ort dürfen Kinder manchmal noch im Vorbereitungsraum bis zur Narkoseeinleitung begleitet werden. Fragen Sie nach, ob und wie der Ablauf geplant ist und wie Sie ihr Kind bestmöglich unterstützen können.
Während der Operation sind das ÄrztInnen- und OP-Team für Ihr Kind da. Nach der Implantation ist es wichtig, dass Sie als Eltern das Kind in der Aufwachphase empfangen. Viele Eltern berichten, dass das Kind kurz weint. In der Regel lassen sich die Kleinen aber schnell beruhigen. Sie vertragen die Narkose meist ohne Probleme. Gegen die Schmerzen werden den Kindern Medikamente angeboten. Eltern berichten, dass ihr Kind nur wenig über Schmerzen geklagt hat.
Eine haarige Sache: die Wundnaht
Eltern bereiten ihr Kind unterschiedlich auf die bevorstehende Naht am Kopf vor. Manche Eltern veranlassen vor der Operation noch selbst einen Haarschnitt beim Kleinkind. Andere Eltern vereinbaren mit dem Chirurgen oder der Chirurgin, dass der Haaransatz unmittelbar vor der Operation rasiert wird. Das wird individuell sehr unterschiedlich gestaltet und stets mit dem ärztlichen Klinikteam abgesprochen. Bedenken Sie, dass das Kind ein paar Tage nach der Operation nicht Haare waschen kann.
Das Kind muss in den ersten Tagen nach der Operation auch einen Kopfverband tragen. Der schützt die Operationsnaht. Dabei sind die Eltern aufgefordert zu achten, dass das Kind den Verband nicht abzieht. Von Eltern hören wir, dass der Kopfverband aber stabil angebracht ist und relativ schnell vom Kind akzeptiert wird. Nach ein paar Tagen kontrolliert der Arzt oder die Ärztin die Naht und das Kind trägt dann nur mehr die Nahtpflaster hinter dem Ohr. Bei den meisten Kindern ist das schon der Fall, wenn sie nach Hause entlassen werden. Das Pflaster löst sich dann von selbst ab, wenn die Wunde ausreichend abgeheilt ist. Fragen Sie aber beim Ärzteteam nach, wie Sie während dieser Zeit die Körperpflege zuhause gestalten können.
Erlebtes gemeinsam verarbeiten
Machen Sie Fotos von der Zeit im Krankenhaus und danach. Ist das Kind älter, können Sie miteinander über das Erlebnis sprechen und dem Kind helfen, diese Erfahrungen zu versprachlichen. Die Entscheidung zu einem Cochlea Implantat ist eine Lebensentscheidung: Ihr Kind hat sicher später Interesse daran, wie dieser wichtige Lebensabschnitt „Ich kann hören“ begann.
Haben Sie Vertrauen in Ihre Entscheidung. Vermitteln Sie Ihrem Kind durch Ihre positive Einstellung Sicherheit und Zuversicht für die Chance hören zu können. Kinder haben sehr feine Antennen und nehmen die Emotionen ihrer Eltern wahr. Ihre positive Stimmung überträgt sich auf Ihr Kind und unterstützt es im Entwicklungsprozess Hören lernen.
Nach der Entlassung müssen die Eltern mit dem Kind zur Kontrolle an die Klinik, wo die Nähte kontrolliert werden. In der Regel sind die Nähte selbstauflösend und müssen nicht entfernt werden. Der/die betreuende Arzt bzw. Ärztin informiert die Eltern dazu.
Eine spannende Zeit beginnt!
Einige Wochen nach der Operation wird dann der Außenteil des Cochlea Implantats aktiviert: das „First Fitting“; für Eltern ein emotionaler und aufregender Moment. Das Cochlea Implantat wird schrittweise aktiviert. Das ist notwendig, denn ihr Kind lernt neu zu hören.
Die ersten Reaktionen der Kinder sind dabei sehr unterschiedlich und hängen von verschiedenen Vorbedingungen ab: Hatte das Kind vorher bereits Hörerfahrungen? Wie kann es mit dem neuen Hörwissen umgehen? Das First Fitting ist jedenfalls der Start in einen neuen Entwicklungsabschnitt und der Beginn des sogenannten Höralters des Kindes. Eine spannende Zeit liegt vor der Familie!
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