Über die medizinischen Erfahrungen im Bereich Hörimplantation in Indien

Dies ist nun schon der 30. Bericht über meine internationalen Aktivitäten und nach zahlreichen Ländern rund um den Globus erzähle ich von Indien.

Wolf-Dieter Baumgartner

Indien – mein 30. Bericht über ein besonders spannendes Land nach Schweden, Kuwait, Ägypten, Malaysia, Kanada, Australien, Ungarn, Deutschland, Japan, Südtirol, Israel, Polen, Kolumbien, England, Philippinen, Singapur, Georgien, China, Hongkong, Taiwan, Tschechischer Republik, Neuseeland, Serbien, Rumänien/Bukarest, Bosnien-Herzegowina, Rumänien II, Thailand, Südafrika und Zypern.

Vielfältiges Indien

Mit 1,4 Milliarden Einwohner ist Indien das meistbevölkerte Land der Erde; 21 offizielle Amtssprachen, über 100 verschiedene Sprachen, 544 Dialekte, ebenso viele verschiedene Schriften und die größte Demokratie der Welt; Von hyperreichen Multimilliardären bis zu trostlos, hoffnungslos armen Slumbewohnern, Atom- und Weltraummacht – aber Cochlea-Implantate sind private medizinische Leistungen, die von den Familien und PatientInnen selbst bezahlt werden müssen.

Ich war etliche Male in Indien, vier Mal für medizinische Hilfestellung und Unterstützung bezüglich Cochlea-Implantation und mehrmals privat mit meiner Ehefrau auf Urlaub. Beruflich als HNO-Arzt kenne ich die öffentlichen HNO-Universitätskliniken Chandigarh, Delhi sowie die private Universitätsklinik in Chennai mit den dort angeschlossenen Privatkliniken. Als Tourist war ich unter anderem mehrmals in Shimla, Delhi, Mumbai, Goa, Agra (Taj Mahal), Mangaluru und Kochi.

Indien besteht aus 28 Bundesstaaten (Ländern), sieben Bundesterritorien und dem Hauptstadtkomplex Delhi & New Delhi. Allesamt mit verschiedener Sprache und Schrift! Ich ärgere ab und zu meine indischen Freunde, wenn ich sage, es würde das heutige Indien ohne den britischen Kolonialismus gar nicht geben. Und dies wird von den Indern auch nicht verneint. Englisch ist die generelle Amtssprache (ebenso Hindi), aber Englisch hält das Land, die Wirtschaft und die Wissenschaft Indiens zusammen.

Die unfassbare kulturelle Vielfalt, Traditionen, Kasten, Essen und Kultur, die viele Jahrtausende vorhandene Hochzivilisation und Geschichte, die Gründung und Lehren des Buddhismus und anderer Religionen (Parsen, Sikhs, Zoroastrismus) kann ich hier gar nicht behandeln, aber sie sind im indischen Alltag auch heute allgegenwärtig. Und doch hat Indien bis heute keine fixe Grenze nach Pakistan (Kaschmir) und China (Tibet, Himalaya).

Die lange Geschichte Indiens

Prof. Wolf-Dieter Baumgartner mit indischen Kollegen bei einem Kongress in Delhi Bitte beide Bilder verwenden ©privat

Bereits Alexander der Große, die Römer und alle folgenden Kulturen, auch die davor, waren mit dem indischen Subkontinent seit Menschengedenken in Austausch und Kontakt. Zumindest seit 6.500 vor Christus war in Indien Hochkultur mit Schrift, Städtebau sowie Wasser- und Abwasserwirtschaft vorhanden. 1505, lange vor den Engländern, waren die Portugiesen die ersten modernen Europäer in Indien, die Goa erst 1961 nach dem Einmarsch der indischen Armee aufgeben mussten. Nach zwei Tagen, am 19. Dezember 1961, kapitulierte die portugiesisch-goanische Armee vor der dreißigfachen indischen Übermacht.

Erst im 18. Jahrhundert erschienen die Briten, die sich langsam von Handelsstützpunkt zu Handelsstützpunkt und dann ins Zentralreich vorarbeiteten. Die indischen Maharadschas – Könige – waren mit ihren Ländern – in der Regel ident mit den heutigen Bundesstaaten Indiens – untereinander kriegerisch verfeindet. Die Briten nützten über ein Jahrhundert lang diese Situation geschickt und spielten die indischen Fürsten gegeneinander aus, bis Mitte des 19. Jahrhunderts der gesamte indische Subkontinent (von wenigen Ausnahmen wie Goa abgesehen) unter britischer Kontrolle war. Der indische Aufstand 1857 gegen die Briten kam zu spät. Es nützte nichts mehr, Indien war britisch und blieb dies bis zu der von Ghandi initiierten Unabhängigkeit im Jahre 1947. Bis heute ungelöst blieb durch die fast gleichzeitige Unabhängigkeit Indiens, Pakistans und Kaschmirs der offizielle Grenzverlauf dieser Staaten. Von den Briten blieb die einigende Sprache, die Eisenbahn, das Schul- und Gesundheitssystem sowie das übrige Universitäts-und Bildungssystem mit dem Sport wie Cricket, Polo, Hockey, Bowling, Badminton, Fußball etc.

Das indische Gesundheitssystem & das Cochlea-Implantat

Indien hat kein nationales Gesundheitswesen. Jeder Bundesstaat ist für die Gesundheit, Spitäler, Ärzte und Ordinationen in seinem Bereich zuständig. Es gibt keine nationale staatliche Krankenversicherung, sondern nur die Krankenversicherung im jeweiligen Bundesstaat. Und dies ist von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich geregelt. Indien hat also mehr als 30 verschiedene Gesundheitssysteme!

Ich operierte in den Staaten Punjab, National Capital Territory of Delhi und Tamil Nadu. Naturgemäß unterscheiden sich die indischen Bundesstaaten beträchtlich in Einkommen, Reichtum, Vermögensverteilung und Gesundheitssystem. Im Prinzip sind Cochlea-Implantate, VIBRANT SOUNDBRIDGE und BONEBRIDGE in ganz Indien Privatleistungen. Das bedeutet, der Patient oder seine Familie haben für die kompletten Kosten – Krankenhaus, Arzt, Implantat – aufzukommen. Es gibt aber inzwischen etliche Sonderregelungen und es werden mehr. Zum Beispiel ist in Punjab seit einigen Jahren bei Kindern „nur“ mehr das Implantat, nicht aber die eigentliche medizinische Versorgung zu bezahlen. Am weitesten fortgeschritten ist hier Tamil Nadu. Hier wird seit etwa fünf Jahren für Kinder ein Cochlea-Implantat komplett von der bundesstaatlichen Versicherung übernommen.

Prof. Wolf-Dieter Baumgartner vor dem einzigartigen Taj Mahal ©privat

Die Indian Cochlear Implant Group kämpft auf allen staatlichen, politischen und wirtschaftlichen Ebenen, dass in ganz Indien Cochlea-Implantate staatliche Versicherungsleistungen werden. Dieser Weg ist sicher noch lange, es wurden aber in den letzten zehn Jahren und insbesondere in den letzten Jahren bereits beträchtliche Leistungen und Fortschritte vollbracht. In ganz Indien werden bei 1,4 Milliarden Einwohnern jährlich ca. 5000 Cochlea-Implantate implantiert, in Österreich bei neun Millionen 500.

Indien hat noch einen langen Weg vor sich. In Chandigarh und Delhi war ich in öffentlichen Krankenhäusern. Die Situation dort ist in keinem Aspekt mit einem österreichischen Spital zu vergleichen. Die Details blenden wir aus. Sollten Sie jemals in Indien medizinische Hilfe benötigen, dann nur im Privatbereich. In Chennai ist die Universitätsklinik privat. Hier herrscht ein sehr guter europäisch-österreichscher Standard. Überhaupt gibt es in Indien etliche ganz ausgezeichnete Privatkliniken mit Weltruf.

Ein Blick in die Zukunft

Meine Tätigkeit in Indien ist noch nicht beendet und wird voraussichtlich noch ausgebaut. Bedenken Sie, würde Indien so viele Cochlea-Implantate machen wie Österreich, was auch unbedingt nötig ist, so müssten 80.000 CIs jährlich implantiert werden. Jemand muss die Chirurgen, Pflege, Techniker, Therapeuten auch ausbilden. Dies wird mich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Insgesamt habe ich meine bisherigen Indien-Aufenthalte, ob als Tourist allein oder als Chirurg, eingebettet in einen lokalen Alltag, immer sehr genossen. Essen und Trinken waren immer perfekt und die kulturelle Komponente mit Geschichte, Tradition und unfassbar genialen Baudenkmälern war immer faszinierend und inspirierend. Schauen Sie sich das an!

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