Was eine CI-Nutzerin auf Instagram über ihr Cochlea-Implantat postet

Julia Praher war auf einer Seite faktisch taub, als sie sich zur Cochlea-Implantation entschloss. Auf Instagram beschreibt die junge Frau ihre Erfahrungen mit dem Cochlea-Implantat.

Eva Kohl

„Ich hatte vor der Operation solche Angst! Angst, was die Leute von mir denken würden. Angst, wie es optisch aussehen würde. Angst, wie es danach sein wird. Und vieles mehr…“ 127 Kommentare erhielt Julia Praher auf diesen Instagram-Post vom 11. Mai 2023: „Als sie meinen RONDO 3 eingeschaltet haben, habe ich die ersten drei Piepstöne sofort erkannt. […] Nun, am ersten Tag nach der Anpassung, habe ich das erste Mal wieder Vögel zwitschern gehört. Ich habe vor Freude einfach nur geweint… Seither ist die jetzt 33-Jährige auf ihrer Reise zurück ins Hören.

Angefangen hat diese Reise mit einem Kinobesuch im Jahr 2016, „Da war dann so eine Schuss-Szene“, nicht lauter als auch sonst oft im TV oder Kino. Trotzdem vermutet Praher: „Die wird wohl ausschlaggebend gewesen sein. Am nächsten Tag in der Früh hatte ich vom linken Ohr bis zum Kiefer so ein Taubheitsgefühl. Und mein damaliger Freund hat mich gefragt: Was hörst du heute so schlecht?“

„Ich geh‘ sonst auch nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Doktor. Ich dachte, vielleicht legt sich das ja wieder.“ Drei Tage später suchte die junge Frau doch die HNO-Abteilung am Kepler Universitätsklinikum auf. „Die haben gleich einen Hörtest mit mir gemacht. Und dann haben sie mir gesagt, dass ich einen Hörsturz hab‘.“ Julia Praher blieb für fünf Tage als stationäre Patientin an der Klinik, doch auch eine Infusionstherapie konnte ihr Hörvermögen nicht zurückbringen.

„In der Krise habe ich gelernt!“

„Ich liebe mein Cochlea-Implantat“, schrieb Julia Praher unter dieses Foto. „Ich sehe es als eine zweite Chance in meinem Leben.“ ©privat

„Wie andere, die dann schnell Halsweh haben oder Bauchweh, war ich von klein auf empfindlich bei den Ohren“, erzählt die junge Frau. Es wunderte sie also nicht, dass ihre Mutter nach dem Knall im Film keine Probleme hatte. Ist das Hörvermögen ohne nachvollziehbaren Auslöser plötzlich deutlich verschlechtert, sprechen Fachleute von einem Hörsturz. Der Terminus steht streng genommen für spezifische Innenohrschwerhörigkeit, doch als Überbegriff meint man damit plötzliche Höreinbußen unterschiedlicher Ursachen.

Was genau einen solchen Hörsturz auslösen kann, ist noch nicht eindeutig geklärt. Lärm wird von der Fachwelt weniger in Betracht gezogen, dafür unterschiedliche Faktoren von Stress, bestimmte Viruserkrankungen oder eine Entzündung des Hörnervs, über die Degeneration von Sinneszellen bis zu einer Stoffwechselstörung oder Durchblutungsstörung im Innenohr oder Autoimmunprozesse.

Die Pflegeassistentin hatte damals gerade ziemlich Stress: „Ich war überzeugt: Ich muss arbeiten, ich muss funktionieren!“ Doch gerade in dieser Krise habe sie gelernt, auch auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten. „Ich habe davor nicht zugelassen, dass ich zwischendurch zur Ruhe komme“, erinnert sie sich. „Dabei sollte man viel mehr Rücksicht auf sich selbst nehmen, das habe ich damals gelernt.“ Sie wechselte ihren Arbeitsplatz und auch ihr Privatleben änderte sich. Nur mit dem Hörproblem selbst konnte sie sich nicht so richtig abfinden.

So übt Julia Praher zu hören

„Das beste Training ist, wenn man´s von in der Früh bis auf´d Nacht trägt.“ Die Übungen der Trainingsapp ReDi können CI-NutzerInnen mittels Bluetooth direkt in den CI-Prozessor einspielen und so auch ein Ohr gezielt trainieren. Prahers Lieblingsübungen bei ReDi: „Die mit den Geräuschen finde ich eine voll gute Lernmethode.“ Und auch beim Fernsehen trainiert sie ihr linkes Ohr gezielt, indem sie die Streaming-Möglichkeit nutzt. Doch die wichtigste Übung sei es, die alltäglichen Herausforderungen beim Hören anzunehmen: „Bewusst unter Leute gehen. Bewusst so setzen, dass die Leute auf der nicht so guten Seite sitzen.“

„Ich habe mich richtig geschämt dafür.“

„Normalerweise kennt man das ja doch nur von Senioren oder…“ Julia Praher lässt den Satz unvollendet. Zu einem Hörgerät ließ sich die damals 26-Jährige nur überreden, um damit auch ihr Ohrgeräusch zu reduzieren. Tinnitus – so der Fachbegriff für Hörempfindungen, die keiner äußeren Schallquelle zuzuordnen sind – ist häufige Begleiterscheinung eines Hörsturzes. Wissenschaftler vermuten, dass das Gehirn damit das Fehlen von Höreindrücken in jenen Tonbereichen kompensiert, die direkt vom Hörsturz betroffen sind.

Gegen diesen Tinnitus half das Hörgerät zwar nicht, doch ihre Höreinbußen konnte es in den ersten Jahren gut kompensieren. Zumindest in ruhiger Umgebung, bei Gesprächen im kleinen Kreis. „Unter vielen Menschen, mit Nebengeräuschen, habe ich trotzdem gut aufpassen müssen. Ich habe oft nachfragen müssen. Und ich habe auch viele Sachen missverstanden“, obwohl das Hörvermögen auf der rechten Seite intakt war. „Mit der Zeit habe ich sogar das Lippenlesen angefangen.“

Eigentlich trifft sich Praher gerne mit FreundInnen oder geht auf fröhliche Partys. Doch als ihr Hörvermögen am linken Ohr weiter abnahm: „Da wollte ich dann nicht mehr ausgehen, weil ich mich so davor gefürchtet habe. Man steht dann so richtig unter Strom, weil man so aufpassen muss. Ich habe mich nicht mehr integriert gefühlt, mich dann selbst isoliert.“

Bis es ihr zu viel wurde. Das war bei der betrieblichen Weihnachtsfeier Ende 2022. „Da waren wir 30 Personen. Es hat voll gehallt. Es war laute Musik im Hintergrund. Und jeder hat durcheinandergeredet. Das war so schrecklich für mich – das war dann der entscheidende Moment.“ Wieder ging sie ans Kepler Universitätsklinikum, dieses Mal, um sich zur Cochlea-Implantation anzumelden. Am 10. Mai 2023 wurde ihr CI-System dann aktiviert. „Ich kann jetzt schon sagen, dass ich zu 100 Prozent mit meiner Entscheidung glücklich bin und mich auf die Zukunft freue – denn es gibt wieder Hoffnung auf mehr Lebensqualität.“, resümierte die CI-Nutzerin schon am Tag nach der CI-Aktivierung auf Instagram.

„Das Implantat hat mir meine Lebensqualität zurückgegeben!“

Den PatientInnen der Pflegeassistentin blieb das Gerät freilich nicht verborgen. Eine 75-jährige Dame fragte gar: „Was tragen Sie denn für einen Hörschmuck am Kopf?“ Nachdem Praher das CI erklärt hatte, wunderte sich die Seniorin: „Hören Sie leicht schon so schlecht?“ „Nein, jetzt nicht mehr!“, war Prahers Antwort. Denn freilich musste die frischgebackene CI-Nutzerin erst lernen, mit dem Implantat wieder richtig zu hören. Doch jetzt strahlt sie: „Ich blüh‘ wieder! Ich leb‘ wieder! Ich kann wieder tun und lassen, was ich will. Ich sehe das als meine zweite Chance im Leben.“

Deswegen möchte die junge Frau, die sogar zu studieren begonnen hat, auch andere Betroffene ermutigen. „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt: Ich hoffe ja, dass mein rechtes Ohr intakt bleibt. Aber wenn nicht, würde ich die Implantation rechts auch machen lassen.“ Wenn Sie Julia Prahers Hörgeschichte kennenlernen möchten, können Sie @_july__ auf Instragram folgen oder sie als Hörberaterin auf www.hoerverlust.at kontaktieren.

Lernen Sie Julia Praher kennen!

  • Folgen Sie Julia Praher auf Instagram unter @_july__
  • oder kontaktieren sie auf der Informations- und Beratungsplattform Leben mit Hoerverlust.at!
Logo Leben mit hoerverlust.at

Leben mit hoerverlust.at

Alles auf einen Klick! hoerverlust.at bietet Betroffenen und Angehörigen umfassende Informationen und Kontaktmöglichkeiten zu allen Bereichen, die Sie auf dem Weg zum Hören benötigen. Mehr zum informativen Wegbegleiter vom ersten Verdacht bis zur optimalen Versorgung finden Sie hier!

ZENTRUM HÖREN

Beratung, Service & Rehabilitation – für zufriedene Kunden und erfolgreiche Nutzer! Mehr zum umfassenden Angebot und engagierten Team des MED-EL Kundenzentrum finden Sie hier!