Cochlea-Implantate können die Gesundheit verbessern und längeres Leben ermöglichen

Hörverlust beeinträchtigt das Leben wesentlich und ist als gesundheitlicher Risikofaktor bekannt; Er verkürzt sogar die Lebenserwartung Betroffener. Aus einer neuen Studie schließen Forscher nun aber, dass die regelmäßige Nutzung von Hörsystemen auch hilft, länger zu leben.

Eva Kohl

Die Wissenschaftlerinnen Katharine Kim Brewster von der Medizinischen Universität Columbia ist Spezialistin für Geriatrie und Demenz. Sie und ihre Kollegin Carly Maitlin formulierten im Wissenschaftsmagazin The Lancet, Hörverlust werde „mit kognitivem Verfall, Demenz und schlechter körperlicher Gesundheit in Verbindung gebracht.“ Schon 2017 zeigte eine Publikation in The Lancet, dass Hörverlust der größte beeinflussbare Risikofaktor für eine spätere Demenzerkrankung ist. Laut einer anderen, 2019 ausgewerteten Langzeit-Studie aus Boston/USA senkt die regelmäßige Nutzung von Hörhilfen dieses Risiko jedoch.

Höreinbußen können aber auch psychische Erkrankungen auslösen, wie zum Beispiel Depressionen. Darunter verstehen Fachleute eine Kombination aus andauernder gedrückter Stimmung, Grübeln, Hoffnungs- und Antriebslosigkeit; Hinzukommen können körperliche Beschwerden. Depression ist meist auf ein Zusammenspiel neurobiologischer und psychosozialer Faktoren zurückzuführen: zum Beispiel auch Hörverlust und einige damit verbundene Faktoren wie Verlusterlebnisse, sozialer Rückzug und Isolation, Zukunftsängste und Geldsorgen durch erschwerte Erwerbssituation und viele mehr.

Wissenschaftliche Daten weisen darauf hin, dass Hörverlust sogar das Sterberisiko erhöhen könnte. Aktuelle Daten aus den USA lassen aber aufatmen: Konsequente Nutzung von Hörhilfen kann dem erfolgreich entgegenwirken.

Im Jahr 2050 rund 2,5 Milliarden Betroffene!

Die regelmäßige Nutzung von Hörsystemen verbessert die Gesundheit und verlängert das Leben. ©Adobe Stock

„Schätzungen zufolge sind weltweit 1,6 Milliarden Menschen von Hörverlust betroffen. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Betroffenen voraussichtlich auf 2,5 Milliarden ansteigen“, zitieren die WissenschaftlerInnen um Janet S. Choi bei der Publikation der neuen Daten die bereits bekannten Zahlen. Sie verweisen dann auf die enormen Belastungen, welche Hörverlust durch die damit verbundenen Einschränkungen der Kommunikation mit sich bringt – sowohl im sozialen Umfeld wie auch am Arbeitsplatz.

Als erwiesene Folgen von Höreinschränkungen nennen sie neben einer allgemein verminderten Lebensqualität auch gesundheitliche Folgen wie Depressionen, Demenz und erhöhte Mortalität: „Frühere systematische Überprüfungen und Metaanalysen haben gezeigt, dass Hörverlust auch nach Berücksichtigung von Demografie und Komorbiditäten mit einer signifikant erhöhten Gesamtmortalität verbunden ist.“ Jeweils 30 Dezibel mehr Hörverlust würden zu einer weiteren Verdopplung des Sterberisikos führen – das sei durch mehrere Studien belegt.

Die Verwendung von Hörgeräten verbessere nicht nur nachweislich die wahrgenommene Beeinträchtigung durch Hörverlust und die Lebensqualität; Die aktuellen Daten zeigen auch, dass hörbeeinträchtigte Personen, die regelmäßig Hörgeräte nutzen, ein geringeres Sterberisiko aufweisen als jene Hörbeeinträchtigte, die nie oder nur fallweise Hörgeräte nutzen.

Daten von fast 10.000 US-AmerikanerInnen ausgewertet

Die WissenschaftlerInnen der Universität Süd-Kalifornien nutzten für diese Untersuchungen umfangreiches Datenmaterial einer großangelegten Erhebung des Gesundheits- und Sozialministeriums der USA von 1999 bis 2012. An der „National Health and Nutrition Examination Survey“ genannten Langzeit-Untersuchung nahmen knapp 10.000 Erwachsene teil, 1.863 davon mit Hörverlust. Bei manch anderen Studien wurden die StudienteilnehmerInnen nur gefragt, ob sie unter Hörverlust litten. Im Gegensatz dazu wurde dieses Mal der Hörverlust durch audiometrische Messungen festgestellt und parallel wurde die Nutzung von Hörgeräten erfasst.

Natürlich ist bei älteren Personen sowohl die Wahrscheinlichkeit einer Höreinschränkung höher als auch die noch zu erwartende Lebenszeit geringer. Es mag daher wenig verwundern, dass eine statistische Erhebung für schwerhörige Personen eine kürzere Lebenserwartung aufzeigt. Doch auch wenn dieser Einflussfaktor entsprechend berücksichtigt wird, zeigt sich, dass ein mittelgradiger bis hochgradiger Hörverlust eine kürzere Lebenserwartung mit sich bringt. Damit bestätigen diese Daten frühere wissenschaftliche Publikationen anderer Forschungsgruppen.

Relativ neu ist die so deutliche Erkenntnis, dass das Sterblichkeitsrisiko jedoch für Betroffene geringer war, wenn sie regelmäßig Hörgeräte nutzen. Betroffene, die ihre Hörgeräte nur unregelmäßig nutzten, zeigten jedoch das gleich hohe Sterberisiko wie schwerhörige StudienteilnehmerInnen ohne Hörgeräte.

Genaue Zusammenhänge unklar, aber Hören verlängert das Leben!

Die regelmäßige Nutzung von Hörsystemen verbessert die Gesundheit und verlängert das Leben. ©Adobe Stock

Brewster und Maitlin kritisieren in einem Kommentar zu der neuen Publikation, dass zwar die Daten dieser Studie besonders zuverlässig seien, der Zusammenhang zwischen Hörgerätenutzung und geringerer Sterblichkeit aber nicht genügend hinterfragt werde. „Angesichts des Zusammenhangs zwischen Hörverlust und kognitivem Abbau ist es eine weitere plausible Erklärung, dass Hörgeräte das Sterblichkeitsrisiko verbessern indem sie das das Risiko einer Demenz verringern“, führen sie unter anderem als Argument ins Feld. Oder: „Schließlich könnte eine Hörbehandlung das Sterberisiko senken, indem sie Einsamkeit, Depression und Gebrechlichkeit mindert – die allesamt Risikofaktoren für einen schlechten Gesundheitszustand sind.“

Sie fordern weitere, umfangreiche Langzeitstudien und Studien mit randomisierten Kontrollgruppen, um die genauen Auswirkungen von Hörgerätenutzung auf die kognitiven, körperlichen und geistigen Fähigkeiten von SeniorInnen noch genauer zu untersuchen. Doch auch sie vermerken: „Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das regelmäßige und konsequente Tragen von Hörgeräten zu einem geringeren Sterberisiko beitragen könnte“, was sich wohl auch auf die konsequente Nutzung von Hörimplantaten umlegen lässt. Unabhängig von den genauen Mechanismen im Hintergrund ist das letztlich für Betroffene und Angehörige eine relevante Erkenntnis.

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