Fünf Eigenschaften eines CI-Systems fürs Musikhören mit Cochlea-Implantat 

Mit Cochlea-Implantaten ist das Hören anders. Doch welche Schlüsselfaktoren machen es möglich, sogar Musik mit CI in guter Klangqualität zu genießen?  

Eva Kohl 

CI-Nutzer und Volksmusikant Heinz Kirchschlager: „Musik ist für mich besonders wichtig!“ Hier finden Sie Näheres zu CI-Nutzer und Hörberater Heinz Kirchschlager. ©Max Breynck

Der Klang einer schwarzen und der benachbarten weißen Taste am Klavier unterscheidet sich durch genau einen Halbtonschritt. Können Sie so einen Halbtonschritt hören? Hören Sie, ob Musik in Dur oder Moll gespielt wird? Diese bei uns üblichen, sogenannten Tongeschlechter unterscheiden sich nur an drei Stellen durch je einen solchen Halbtonschritt. Viele Menschen unserer westlichen Kultur empfinden Dur-Musik intuitiv als fröhlich, Moll hingegen als melancholisch. Um einen Halbton auch bewusst auditiv wahrzunehmen, bedarf es Übung für normalhörende Menschen wie für NutzerInnen von Cochlea-Implantaten, kurz: CIs. 

Das richtige Cochlea-Implantat fürs Musikhören

Für CI-NutzerInnen sind zudem technisch-physiologische Merkmale des CI-Systems entscheidend, um Musik differenziert wahrnehmen und genießen sowie aktiv musizieren zu können. Es geht neben der Tonunterscheidung um Tonspektrum und Klangfarbe sowie um die Lautstärkedynamik. NutzerInnen aktueller CI-Systeme können das. Sie singen sogar im Chor oder spielen Instrumente – auch solche, denen optische oder haptische Hilfen wie Tasten oder Grifflöcher zur Bestimmung der Tonhöhe fehlen: zum Beispiel Geige oder Alphorn. Fünf zentrale Merkmale moderner CI-Systeme ermöglichen das.

Die Akustik von Musik stellt Hörsysteme vor größere Herausforderungen als Sprache: Denken Sie an den tiefen Klang einer Tuba, der deutlich tiefer ist als jede menschliche Stimme, während die höchste Kinderstimme nicht an die Tonlage der Piccoloflöte herankommt. Gesprochene Sprache reicht von etwa 125 Hertz bis 8000 Hertz. Instrumentalmusik beginnt sogar schon bei wenig mehr als 30 Hertz.

Um diesen breiten Frequenzbereich möglichst unverzerrt wiederzugeben, muss der Elektrodenträger des Cochlea-Implantats die Hörschnecke möglichst vollständig abdecken. Deren Länge variiert aber: Nutzbar sind typischerweise zwischen 28 und 34 Millimeter. Auch NutzerInnen kürzerer Elektrodenträger hören prinzipiell alles: Das Tonspektrum wird dafür so komprimiert, dass es auf die eigentlich zu kurze Elektrode passt. Dass die Betroffenen sich an den so veränderten Klang nur langsam gewöhnen, ist nachvollziehbar. 

Einzig der österreichische CI-Hersteller MED-EL bietet so lange Elektrodenträger an. Sein umfangreiches Portfolio enthält aber auch kurze Elektrodenträger für untypisch kurze Innenohren. Mit der einzigartigen Planungssoftware OTOPLAN kann der/die ChirurgIn schon vor der Operation die ideale Länge des Elektrodenträgers ermitteln. So gewinnen CI-NutzerInnen Zugang zum gesamten Frequenzspektrum – auch zu den tiefen Tönen, die in der Spitze der Hörschnecke wahrgenommen werden. Das verbessert das Musikerlebnis deutlich! 

Während die Autoren einer 2025 publizierten Studie einige ihrer Ergebnisse selbst kritisch hinterfragen, zeigen ihre Daten eines klar: „Die StudienteilnehmerInnen erlebten mit der bildgesteuerten Cochlea-Implantat-Programmierungsstrategie Verbesserungen in der Musikwahrnehmung.“ Konkret konnten sie Melodien besser erkennen.  

Die bereits erwähnte OTOPLAN-Software hilft auch hier: Sie kann nach der Implantation die tatsächliche Lage jedes einzelnen Elektrodenkontakts zeigen und welche Tonhöhe an dieser Stelle der Hörschnecke natürlicherweise wahrgenommen würde. Der/die CI-TechnikerIn oder LogopädIn stimmt die Frequenzaufteilung des CI-Systems bei der Einstellung des Audioprozessors danach: Anatomisch-basierte Anpassung für ein noch natürlicheres Klangbild. 

Die Klangfarbe ist wichtig zur Unterscheidung von Instrumenten. Die meisten Cochlea-Implantat-Technologien nutzen in ihren Kodierungsstrategien ausschließlich die langsameren Zeitaspekte des Signals, die sogenannte „Hüllkurve“. Die Tonhöhe wird nur über die Lage des Elektrodenkontakts in der Hörschnecke vermittelt.  

Die FineHearing-Technologie von MED-EL nutzt zusätzlich eine frequenzangepasste Kodierung, um tieffrequente Töne synchron zur Feinstruktur des Klangs zu stimulieren. Diese Kombination aus frequenz- und ortsangepasster Kodierung verbessert die Wahrnehmung der Klangfarbe und bringt NutzerInnen dem natürlichen Hören näher. 

Wir können das mit einem DJ-Pult vergleichen: Wird Musik schneller abgespielt, wird sie nicht nur schneller, sondern klingt auch höher. Für eine akkurate Wahrnehmung der Tonhöhe – besonders tiefer Töne – muss ein CI-System die Stimulation so verlangsamen, bis sie der Schwingungsfrequenz des Tons entspricht (Schatzer, R. et al. (2014); Rader, T. et al. (2016); Landsberger, D.M. et al. (2016); Prentiss, S., Staecker, H., & Wolford, B. (2014))

Für Sprache in Ruhe genügen unter Umständen nur wenige übertragene Frequenzbereiche. Sprache im Störschall zu verstehen, ist anspruchsvoller. Musik schließlich bildet einen komplexen Klangteppich aus vielen Schichten. Übertragung benötigt deutlich mehr Frequenzkanäle.  

Bei früheren CI-Systemen entsprach die Kanalanzahl der Anzahl der Kontakte oder Kontaktpaare am Elektrodenträger. Die ist aber begrenzt, da zu nahe liegende Kontakte sich gegenseitig beeinflussen. MED-EL hingegen nutzt die einzigartige Intelligente Parallele Stimulation, um bis zu 250 unterschiedliche Tonhöhen zu simulieren: für satteren und natürlicheren Klang.  

Die Lautstärke eines Musikstücks reicht von piano pianissimo bis forte fortissimo, wobei fortissimo in einem Orchester wirklich sehr laut werden kann. Um das auch mit CI-Systemen wiederzugeben, braucht es eine Front-End-Verarbeitung mit großem Dynamikbereich und mit speziell für Musik entwickelten Programmen: für jeweils optimale Kompression. Nur so können CI-NutzerInnen die dynamische Komplexität von Musik ohne zu starke Beeinträchtigung der Lautstärkemodulation wahrnehmen.

Cochlea-Implantate als Musik-Empfänger 

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ermöglichen moderne CI-Systeme ihren NutzerInnen, neben Sprache auch die komplexeren Klänge von Musik detailgetreu wahrzunehmen. Strukturiertes Musiktraining kann die Ergebnisse zusätzlich verbessern.  

In früheren Studien konnten NutzerInnen damaliger CI-Systeme typischerweise erst einen Tonhöhenunterschied von zumindest drei Halbtönen wahrnehmen. Eine wissenschaftliche Studie zur Begleitung des Musiktrainingsprogramms MELUDIA zeigt: Heute können 80 Prozent der MED-EL-NutzerInnen sogar Lektionen zur Unterscheidung einzelner Halbtöne meistern! Das illustrieren auch die zahlreichen MusikliebhaberInnen, Freizeit- und sogar ProfimusikerInnen mit CI.

Die bilaterale CI-Nutzerin und Profimusikerin Laura Korhonen (Mitte) steht mit ihrer Gruppe SATUO regelmäßig auf der Bühne, zusätzlich gibt sie Musik- und Tanzunterricht. Hier geht es zum Hörgespräch mit der gebürtigen Finnin Laura Korhonen. ©mattobserve.com

Logo Leben mit hoerverlust.at

Leben mit hoerverlust.at

Alles auf einen Klick! hoerverlust.at bietet Betroffenen und Angehörigen umfassende Informationen und Kontaktmöglichkeiten zu allen Bereichen, die Sie auf dem Weg zum Hören benötigen. Mehr zum informativen Wegbegleiter vom ersten Verdacht bis zur optimalen Versorgung finden Sie hier!

ZENTRUM HÖREN

Beratung, Service & Rehabilitation – für zufriedene Kunden und erfolgreiche Nutzer! Mehr zum umfassenden Angebot und engagierten Team des MED-EL Kundenzentrum finden Sie hier!