Für Kinder mit Hörimplantaten: Neuer Lehrplanzusatz für Pflichtschulen

Mit Beginn des Schuljahres 2025/26 tritt in Österreich ein neuer Lehrplanzusatz in Kraft, der speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Hörbeeinträchtigung zugeschnitten ist. Was das für Kinder mit Cochlea-Implantat und für die Bildung und Hören bedeutet.

Margit Graf

Schulmädchen (etwa 7 Jahre alt) vor einem gelben Hintergrund. Sie trägt eine Brille, die sie mit einer Hand festhält, hat zwei blonde Zöpfe mit rten Schleifen und hält ein blaues Buch in der anderen Hand. Sie lächelt in die Kamera.

©Adobe Stock

Ein Lehrplan, der Hören und Kommunikation fördert

Der neue Lehrplanzusatz „Förderbereich Hören/Kommunikation“ gilt für die Pflichtschuljahre jener SchülerInnen, die einen besonderen Förderbedarf im Bereich Hören und Kommunikation haben – unabhängig vom besuchten Schultyp.
Er löst einerseits den bisherigen Lehrplan der Sonderschule für gehörlose Kinder ab, andererseits ergänzt er modular die bestehenden Pläne des Pflichtschulbereichs.

Der Lehrplanzusatz sieht verbindliche Übungen vor, die innerhalb der bestehenden Stundentafel oder in Form zusätzlicher Förderstunden stattfinden können. Zudem beinhaltet er klare Hinweise zu technischen Hilfsmitteln wie Cochlea-Implantat-Zubehör und ausgleichenden Maßnahmen. Damit wird Bildung und Hören mit Cochlea-Implantat erstmals in einem rechtlichen Rahmen fest verankert.

Individuelle Förderung und Teilhabe

Lehrinhalte sollen je nach individuellem Bedarf visuell, auditiv oder taktil aufbereitet werden. Lehrkräfte berücksichtigen dabei die Interessen und Lebensrealitäten der Kinder. Ziel ist nicht nur die Wissensvermittlung, sondern auch die Unterstützung von Entwicklung, Selbstvertrauen und sozialer Teilhabe.
So stärkt der Lehrplanzusatz Selbstbewusstsein, Identität und Kommunikationskompetenz – wichtige Faktoren für Kinder mit Cochlea-Implantat im Schulalltag.

Maßgeschneiderte Unterstützung für jedes Kind

Der Lehrplanzusatz kann nach Bedarf „zur Gänze oder in Teilen“ zur Anwendung kommen – also individuell zugeschnitten werden.
Schulen, die SchülerInnen mit Förderbedarf im Bereich Hören und Kommunikation unterrichten, verankern die Inhalte im Individuellen Bildungs- und Entwicklungsplan (IBEP). Diese Inhalte können integrativ in den Unterricht eingebettet oder in zusätzlichen Einheiten umgesetzt werden – etwa für Hörtraining, Sprachförderung oder Österreichische Gebärdensprache (ÖGS).

Ziel ist es, dass jedes Kind Fortschritte macht – unabhängig von seiner individuellen Hörsituation und vom Grad der Unterstützung durch ein Cochlea-Implantat.

Der IBEP als Leitfaden für Bildung und Hören

Der IBEP ist ein zentrales Instrument des Lehrplanzusatzes. Er dokumentiert individuelle Ziele, Methoden und Evaluationsschritte und schafft Transparenz für Lehrkräfte und Eltern.
Die vier Kompetenzbereiche umfassen:

  • Reflexion der eigenen Hörsituation

  • Förderung von Kommunikation und Sprache

  • Entwicklung von Lernstrategien

  • Stärkung von Teilhabe und Selbstbestimmung

Besonderes Augenmerk liegt auf der Verbindung verschiedener Kommunikationswege – bilingualer Unterricht (Lautsprache und ÖGS) ist ausdrücklich vorgesehen. Auch der Einsatz von assistiven Technologien wie FM-Anlagen und Cochlea-Implantat-Systemen ist Teil des pädagogischen Konzepts.

Ausgleichende Maßnahmen für faire Bildungschancen

Neu ist auch die gesetzliche Verankerung der Ausgleichenden Maßnahmen, die faire Prüfungsbedingungen sicherstellen. Dazu zählen:

  • angepasste Prüfungszeiten für SchülerInnen mit Hörbeeinträchtigung

  • visuell oder schriftlich ergänzte Lehrmaterialien

  • Nutzung technischer Hilfsmittel wie FM-Anlagen oder CI-Zubehör

  • lärmarme Klassenräume zur Verbesserung der Konzentration

Diese Maßnahmen fördern barrierefreie Bildung und Hören mit Cochlea-Implantat in der Schule und helfen, strukturelle Nachteile auszugleichen.

So kommen hörbeeinträchtigte Kinder zu Unterstützung im Schulunterricht

Der neue Lehrplanzusatz hat auch Bedeutung für Kinder mit Cochlea-Implantaten. ©MED-EL

Die bisherigen Lehrpläne im Pflichtschulbereich stammten aus den 1960er-Jahren. Sie werden nun abgelöst durch ein modernes, kompetenzorientiertes System, das aktuelle pädagogische und technologische Möglichkeiten berücksichtigt – insbesondere für Kinder mit Cochlea-Implantat.

Der Lehrplanzusatz ist in Anlage 5 des Bundesgesetzblatts BGBl. II Nr. 280/2024 zur Lehrplanverordnung verankert. Er kommt zur Anwendung, wenn besonderer Förderbedarf im Bereich Hören/Kommunikation festgestellt wurde.
Diagnose oder fachliches Gutachten sind Voraussetzung, ebenso wie eine pädagogische Beurteilung der individuellen Teilhabechancen.

Die pädagogische Diagnostik erfolgt über das Diversitätsmanagement der Bildungsdirektion. Ziel ist, dass Kinder mit Hörimplantat oder Schwerhörigkeit gleichberechtigt am allgemeinen Schulsystem teilnehmen können.

Bildung und Hören mit Cochlea-Implantat im Fokus

Mit dem neuen Lehrplanzusatz setzt Österreich einen wichtigen Schritt zu inklusiver Bildung.
Er berücksichtigt technologische Fortschritte – etwa den Einsatz von Cochlea-Implantaten – und stellt sicher, dass hörbeeinträchtigte Kinder individuell gefördert werden. So wird Bildung und Hören mit Cochlea-Implantat endlich als das verstanden, was es ist: ein Weg zu Chancengleichheit, Selbstbestimmung und Teilhabe.

Flexibilität rechtlich festgeschrieben! 

Bundesgesetzblatt II Nr. 280/2024, Anlage 5: „Der Lehrplanzusatz Förderbereich Hören/Kommunikation versteht sich als Rahmen- und Ergänzungslehrplan, der je nach Bedarf der Schülerin bzw. des Schülers zur Gänze oder in Teilen zum Lehrplan der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule oder des Berufsvorbereitungsjahres in additiver oder integrativer Form Anwendung findet.“  

Diesen Wortlaut im ersten Teil unter „Funktion und Gliederung“ kann man so verstehen, dass je nach Bedarf auch nur Teile davon zur Anwendung kommen: Also bedarfsweise auch mit oder ohne ÖGS. Die tatsächliche Umsetzung muss sich in den nächsten Monaten praktisch entwickeln.  

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