Auf der Suche nach dem vermissten Audioprozessor
Für David sind seine CI-Audioprozessoren wertvoll, denn erst mit ihnen kann er hören. Der Verlust einer seiner Audioprozessoren wurde zum Auslöser einer Schatzsuche der besonderen Art.
Heuer sind der siebenjährige David und seine Zwillingsschwester Sophia schon Taferlklassler. David ist beidseits taub, deswegen bekam er vor fünf Jahren Cochlea-Implantate. Mit ihnen kann er nahezu normal hören und steht seiner Schwester somit in nichts nach.
Die Eltern Obermaißer sind stolz auf ihre Sprösslinge, auch wenn es mit Zwillingen manchmal ziemlich anstrengend und turbulent werden kann: So wie jetzt in der Zeit des Fernunterrichts; oder damals, als David in seiner Heimatgemeinde Ollern einen Feuerwehreinsatz auslöste.
Runtergespült
“Das war eine spannende G´schicht damals“, erinnert sich Vater Stefan Obermaißer schmunzelnd an jenen Tag, zwei Jahre nach Davids Implantation. „David kam zu mir und sagte, er war ‚am Klo Gacki‘ und dabei sei ‚sein CI ins Klo gefallen‘.“ Die Geräte halten für gewöhnlich ja einiges aus – mit viel Glück vielleicht sogar auch ein kurzes Tauchbad. Doch der junge Mann hatte getan, was wohlerzogene Kinder nach ihrem Geschäft so machen: „runtergespült…“
Die Eltern versuchten Ruhe zu bewahren. Immerhin ging es um eines der beiden Geräte, die das Hörvermögen ihres Sohnes gewährleisten. So durchsuchten sie das ganze Haus, jeden Winkel – besonders in Toilette und Kinderzimmer. Abwechselnd redeten sie dem Nachwuchs ins Gewissen, ob das Gerät nicht doch verlegt, verloren oder versteckt sein könnte. Bis sie schließlich akzeptieren mussten: „Es ist halt passiert.“
Schön fest gemacht
Immer wieder passiert es Nutzern von CI-Systemen, dass sie den äußeren Teil ihres Implantat-Systems – den Audioprozessor – verlieren. Erst im September postete der 22-jährige Yannik Gaube auf Facebook: „Ich bin in der Nacht auf Samstag im letzten 88B gefahren. Nach dem Aussteigen habe ich gemerkt, dass mein Hörgerät (CI) nicht mehr da war. Falls eventuell jemand etwas gefunden hat, wäre ich für eine Antwort sehr dankbar!“ Der junge Mann war im Bus eingeschlafen, doch auch ohne Nickerchen würden seit Gebrauch der MNS-Masken, deren Gummis über die Ohren gestreift werden, in öffentlichen Verkehrsmitteln vermehrt verlorene Hörbehelfe gefunden. Das hat man Familie Gaube am Fundbüro Wien wissen lassen. Sein Gerät war leider nicht dabei.
Aus dem Garderobekästchen entwendet. Beim Autounfall irgendwo im Wrack verkeilt. Bei der Gartenarbeit abgestreift, oder beim Aussteigen aus dem Taxi. Etwa alle vier bis acht Wochen wird in Österreich ein CI-Prozessor verloren, die Zahl bei konventionellen Hörgeräten dürfte deutlich höher sein. Vorwiegend sind Jugendliche und Erwachsene betroffen – vielleicht, weil Kinder häufiger zur zusätzlichen Befestigung Stirnbänder, Huckis oder Spangen aus dem MED-EL Shop [1] oder von alternativen Anbietern [2] nutzen.
Schlamm und Gülle
Für David in Niederösterreich bedeutete das Abtauchen seines Audioprozessors in den Kanal, dass er nur noch auf einer Seite hören konnte. Rasche Abhilfe war also gefragt. So rief Ehepaar Obermaißer den Schwager, einen gelernten Installateur, zu Hilfe. Mit dessen Kanalkamera suchten sie gemeinsam den Hauskanal ab, ob der Audioprozessor dort „irgendwo angelandet“ sei – doch ohne Erfolg.
Nach dem Hauskanal war der Hauptsammelkanal der Gemeinde an der Reihe: „Wir haben einen kleinen Feuerwehreinsatz daraus gemacht.“ Feuerwehrkommandant Obermaißer und sein Cousin stiegen hinunter, ausgerüstet mit Atemschutzgeräten. „Wir sind eine kleine Ortschaft mit knapp 500 Einwohnern. Im Sammelkanal rinnen aber alle Abwässer zusammen – da kommt permanent ein Schwall daher.“ Die beiden aktiven Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr pumpten die Abwässer in ein Güllefass, das einer der örtlichen Bauern bereitstellte, und suchten dann, ob sie den Prozessor irgendwo im Schlamm des Kanals liegen sehen – wieder ohne Erfolg.
„Zwei Mal waren wir dort unten. Beim ersten Mal haben wir abgebrochen, weil wir dachten, das Gerät sei vielleicht noch nicht im Hauptsammelkanal angekommen.“ Insgesamt haben die beiden Feuerwehrleute rund vier Stunden im Kanal verbracht. Dann gaben sie endgültig auf.
Zum Glück: Audioprozessoren können versichert werden!
Die Kosten für Reparaturen an CI-Systemen werden von den Krankenkassen im Regelfall erstattet, doch für den Ersatz verlorener oder gestohlener Systeme ist der Nutzer selbst zuständig. Deswegen raten Hersteller und Selbsthilfegruppen, Hörhilfen im Rahmen eine Haushaltsversicherung oder über einen eigenen Versicherungsvertrag abzusichern. CIA bietet Information zu zwei alternativen Versicherungsangeboten [3].
„Die Versicherung ist zwar nicht billig, aber wir hatten Davids Prozessoren natürlich beide versichert“, war Davids Vater erleichtert. „Den Prozessor hat David ja ständig im Einsatz und ohne geht es nicht.“ Die Familie wandte sich also an das ZENTRUM HÖREN und bestellte ein Ersatzgerät.
Wenige Tage später, ein neuer Audioprozessor für David war gerade im ZENTRUM HÖREN eingetroffen, kam David die Treppe vom Kinderzimmer hinunter gestürmt. „Hab´s gefunden!“, strahlte er und präsentierte das vermisste Gerät. „Am Kastl!“ Wer weiß, wie Davids Schatz dort hingelangt war? Die Eltern sind sicher: Auch auf besagtem ‚Kastl‘ hatten sie den Prozessor erfolglos gesucht. „Das war schon recht lustig“, seufzt Stefan Obermaißer, aber: „Wir waren einfach froh, dass der Prozessor wieder aufgetaucht ist.“
[1] https://at.shop.medel.com/
[2] zum Beispiel von https://clipyk.com/en/
[3] https://ci-a.at/formulare/
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