Hans Horak war 20 Jahre lang gehörlos, bis er 1988 ein Cochlea-Implantat erhielt. Heute kann der 66-jährige Wiener mit seinem Implantat im linken Ohr wieder alles hören, erzählt er im Interview.

Mit einem Unfall begann 1969 Hans Horaks Zeit der Stille. Damals gab es keine Möglichkeit, Taubheit zu behandeln. Bis er 1988 im AKH Wien erfuhr, dass es eine Lösung gab: Ein neues System, ein Cochlea-Implantat, das gehörlose Menschen wieder hören lässt. Horak entschied sich für die Implantation und sagt heute: „Für mich war es fast eine Wiedergeburt.“

Herr Horak, Sie waren zwei Jahrzehnte lang gehörlos. Wie war diese Zeit für Sie?

Es war sehr schwierig und es gab keinerlei Hoffnung, dass die Ertaubung behandelt werden kann. Es war schwer, nicht ernst genommen zu werden, nicht mehr so einfach kommunizieren zu können wie vor dem Unfall. Freunde zogen sich daher zurück und ich machte dasselbe. Ich konnte mich durch Lippenlesen ganz gut verständigen, aber zu einer komplexen Kommunikation benötigte ich Hilfe von Dritten.

Sie haben 1988 zum ersten Mal vom Cochlea-Implantat (CI) erfahren. Wie kamen Sie zu Ihrem CI?

Im Lauf einer Untersuchung im AKH Wien erzählte mir meine Ärztin vom Cochlea-Implantat, das gerade entwickelt worden war. Nach allen Vorgesprächen und nötigen Untersuchungen teilte man mir mit, dass ich für eine Cochlea-Implantation geeignet wäre. Fast 20 Jahre bin ich der Hoffnung nachgelaufen wieder zu hören, ich konnte mich nie daran gewöhnen, in der Stille zu leben. Nun würde ich wieder hören können!

Was hat sich in Ihrem Leben verändert im Vergleich zu der Zeit vor dem CI?

Meine Selbstständigkeit kehrte zurück, mein Selbstvertrauen stieg enorm. Die Tatsache, selbst wieder Fragen zu stellen und noch dazu die Antworten zu verstehen, gab mir Rückhalt und Kraft. Ich war mir meiner selbst wieder bewusst.

Früher musste ein Dritter mir beim Telefonieren helfen, musste die Fragen und Antworten wiedergeben. Heute ist es kein Problem für mich, ein Telefongespräch zu führen. Musik über mp3, Kopfhörer, Fernsehen … alles kein Problem. Ich bin auditiv so selbstständig, wie es jeder Normalhörende ist, ohne Einschränkungen.

Haben Sie ein Lieblingsgeräusch?

Ja, mehrere: das einprägsamste war der erste Schrei meines Sohnes Benjamin. Mir kam er vor wie ein Protestschrei – dennoch war es ein wunderbares Erlebnis. Das Vogelzwitschern habe ich sehr vermisst! Geräusche, die ich sehr mag, sind außerdem das Rauschen der Bäume und Sträucher im Wind, Tierlaute und Musik. Ich kann mich nicht satthören. Ich bin ein neuer Mensch mit Liebe zum Hören geworden.

Sie sind Gründungsmitglied des Vereins Cochlea Implantat Austria (CIA). Welche Hilfe bietet der Verein heute an?

Wir beraten und unterstützen Menschen, die Informationen zum Thema Hören und Hör-Implantate suchen. Wir vermitteln zu Ärzten, Therapeuten, Logopäden, aber auch zu den zuständigen Technikern, die den Betroffenen die Operation erklären und die Wirkungsweise der Implantate und des Sprachprozessors veranschaulichen. Wir stellen auf Wunsch Kontakte zu Eltern bereits implantierter Kinder her, um den Eltern von hörbeeinträchtigten Kindern beste Auskunft zukommen zu lassen. Wir begleiten die, die es wünschen, auch nach erfolgter Implantation und geben Tipps zum Hörtraining. Jedes Jahr veranstalten wir in Velden am Wörthersee die Summer Days für Familien mit CI-Kindern und auch erwachsene CI-Träger.

Hans Horak und Karl-Heinz Fuchs gründeten 1992 den Verein Cochlea Implantat Austria (CIA)

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