Bei Kindern wirken sich Hörprobleme auf Bildung und Ausbildung aus – und damit nachhaltig auf die Möglichkeiten, die diese Kinder als Erwachsene haben werden. Angesichts steigender Zahlen hörbeeinträchtigter Menschen fordert die WHO die Länder weltweit auf zu handeln.

Bei Erwachsenen begünstigen Hörprobleme physische und psychische Erkrankungen, kognitiven Abbau und soziale Isolation, entsprechend einzelner Studien verursachen sie sogar eine geringere Lebenserwartung. Hörprobleme führen oft zu Arbeitslosigkeit und finanziellen Einbußen. Bei Kindern wirkt sich Hörbeeinträchtigung auf die Ausbildungsmöglichkeiten aus.

Nicht nur in Österreich stehen verschiedene Schulsysteme für hörbeeinträchtigte Kinder zur Verfügung. Sonderpädagogische Fördermaßnahmen sollen deren Benachteiligungen ausgleichen. Unsere Kinder haben Anspruch auf diese Bemühungen – aus ethischer Sicht wie aus rechtlicher. Die intensivere Unterstützung während der Pflichtschulzeit verursacht höhere Kosten, in Österreich um den Faktor sieben bis acht. Durch zeitgerechte apparative Unterstützung werden altersgemäße Hör- und Sprachentwicklung möglich und der notwendige Umfang an Unterstützungen sinkt: Bei einem frühimplantierten Kind überwiegen die Ersparnisse bei weitem die Kosten für Implantat und Operation.

In die Zukunft investieren

Sue Archbold von der Ear Foundationuntersuchte die Kosten von Cochlea-Implantationen, gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Derby in Großbritannien und der Wirtschaftsuniversität in Galway in Irland: „Es hat sich gezeigt, dass die Kosten, die durch eine Nichtversorgung mit Hörhilfen entstehen, höher sind als die Kosten für eine Bereitstellung von Hörtechnologien.“ Die Daten bestätigen ältere Publikationen aus Großbritannien und von der Boston Consulting Group, sowie aus Wien. Eine Publikation aus den USA zeigte schon vor 18 Jahren, dass durch eine hochgradige Hörstörung pro Betroffenen Kosten von 297.000 Dollar entstehen, 21 Prozent davon bedingt durch den höheren Kostenaufwand während der Schulausbildung. Ebenfalls in den USA belegte 2013 eine Multicenterstudie, dass eine frühe Cochlea-Implantation hochgradig schwerhöriger Kinder je nach Implantationszeitpunkt allein bei den Ausbildungskosten nach Abzug der implantationsbedingten Kosten zwischen 6.000 und 31.000 Dollar ersparen!

„Gesundheitssysteme müssen die tatsächlichen Kosten von Hörverlust kalkulieren. Die Nichtbereitstellung von Hörgeräten und Cochlea-Implantaten sollte als massives Risiko gesehen werden. Dadurch werden kostspieligere Ausgaben der Gesundheitsdienste und Sozialdienste in die Zukunft verlagert.“ Das fordert die britische Ear Foundation, und weiter: „Wir müssen umdenken und sicherstellen, dass die Kosten der Nicht-Versorgung von Schwerhörigkeit einbezogen werden, wenn wir die öffentlichen Gesundheitsausgaben für die Behandlung von Hörverlust berechnen.“

Ethik und Ökonomie

Die Welt-Gesundheits-Organisation WHO schätzt, dass weltweit bis zu 5 von 1.000 Kindern mit Höreinschränkungen geboren werden oder diese in der frühen Kindheit erwerben, österreichische Statistiken sprechen von 0,1 bis 0,2 Prozent hörbeeinträchtigter Neugeborener, im Schulalter sind dann 2 Prozent aller Kinder von Hörschäden betroffen.

Die Ökonomie einer medizinischen Maßnahme ist nur ein Aspekt, die gewonnene Lebensqualität ein anderer. Rein ökonomische Sichtweisen widersprechen der medizinischen Ethik, die sich aus der griechischen Philosophie entwickelt hat, merkt Prof. Baumgartner in seiner Arbeit an: „Im angloamerikanischen Raum steht das Wohl der Population über dem Wohl des Einzelnen. Im Gegensatz zu unseren Wertvorstellungen – in Österreich und Festland-Europa -, die einen Zugang zu individuellem Glück, Freiheit und Selbstverwirklichung sieht.“ Ökologische Fakten aber unterstreichen diese Forderung.

Entsprechend einer Recherche der EURO-CIU, der europäischen Dachorganisation für CI-Nutzer, gemeinsam mit der britischen Ear Foundationdeckt die Versorgung mit Cochlea-Implantaten noch in keinem Land Europas den tatsächlichen Bedarf!

2017 forderte die World Health Assemblyder WHO zur Vermeidung von Taubheit und Hörverlust, die Mitgliedsstaaten mögen Hörgesundheit fördern und entsprechende Maßnahmen in das allgemeine Gesundheitssystem implementieren. Sie empfahl Screening-Hörtests für Babys, Schulkinder und Senioren, Betreuung Betroffener von Ohr-Spezialisten und Verfügbarkeit von adäquaten Hör- und Kommunikationssystemen. In Österreich wurde ab 1995 ein Hörscreening für Neugeborene eingeführt, für Schulkinder und Senioren liegt eine Hörprüfung immer noch in der Verantwortung der Eltern beziehungsweise der Senioren selbst. Sich bei entsprechender Diagnose für oder gegen eine hilfreiche Hörversorgung zu entscheiden, ist das persönliche Recht der Betroffenen oder deren Eltern.

Quellen: WHO, Ear Foundation, EURO-CIU, sowie Central Intelligence Agency– CIA; Liste der zitierten wissenschaftlichen Publikationen siehe unter http://ci-a.at/category/forschung-technologie/

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