Empathie und soziale Interaktion sind für unser gesellschaftliches Leben im Alltag wichtig. Sie werden indirekt vermittelt, oft parallel zum Spracherwerb – Kinder mit Hörbeeinträchtigung kann man dabei zusätzlich unterstützen.

Bringen Eltern ihre tauben Kinder zur Cochlea-Implantation nicht nur, damit sie hören und sprechen erlernen können, sondern damit ihnen die möglichst ungehinderte Kommunikation im Alltag möglich wird. Kommunikation beschränkt sich nicht auf die Benennung von sichtbaren Gegenständen und Handlungen. Kommunikation ist eine soziale Fähigkeit und ermöglicht es, Gedanken, Gefühle und Vermutungen mit anderen zu teilen. Das ermöglicht uns auch, die Handlungsweisen und Beweggründe anderer zu verstehen.

Im englischen Sprachraum werden diese Zusammenhänge „Theory of Mind“ genannt: Die Meinung „mind“ einer Person über die Gedanken anderer Menschen – diese Meinung veranlasst entsprechende Reaktionen. Nehmen wir ein Beispiel: Max denkt, Tom würde den Regen nicht mögen. Er wird deswegen vielleicht Tom anbieten, unter seinen Regenschirm zu kommen.

Soziales Denken entwickelt sich

Gedanken und Gefühle anderer Menschen einschätzen zu können, ist die Grundlage, um Empathie zu entwickeln, unterschiedliche Blickwinkel einnehmen zu können und moralische Richtlinien zu verstehen, weiter sogar um Leseverständnis zu entwickeln und gute Freundschaften aufzubauen. Menschen entwickeln diese Fähigkeiten parallel mit der Sprachentwicklung.

Die Begriffe für Gefühle und Gedanken sind abstrakt: mögen, glauben, erinnern, wissen, wünschen, vorstellen, vermuten und verstehen sind abstrakte Konzepte – man kann sie nicht sehen oder darauf zeigen. Deswegen erlernen wir ihre Bedeutung nicht direkt. Wir lernen sie zu verstehen, indem wir sie immer wieder in den Gesprächen anderer mithören, im Zusammenhang verwendet hören.

Wenn ein Kind eingeschränkt hört, kann es die Gespräche anderer oft nicht verstehen. Zudem verfügen Kinder mit verzögerter Sprachentwicklung oft über einen kleineren Wortschatz und haben Probleme mit komplexen Sprachstrukturen. Wenn Erwachsene in ihrem Umfeld auf diese Schwierigkeit eingehen, erleichtert das den Kindern im Moment das Verstehen, die Sprachentwicklung wird so mitunter aber sogar noch weiter verlangsamt. Das alles führt dazu, dass Kinder mit Hörproblemen oft zusätzliche Unterstützung benötigen, um die beschriebenen sozialen und emotionalen Fähigkeiten zu entwickeln.

Tipps für Zuhause

Sie können Ihrem Kind ganz einfach im Alltag helfen, die Gedanken und Gefühle anderer verstehen zu lernen!

  • Denken Sie laut! Lassen Sie Ihr Kind hören, was Sie denken oder fühlen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind auch darüber, was andere denken oder fühlen könnten. Zum Beispiel:

„Ich dachte, ich habe den Schlüssel auf den Tisch gelegt, aber da ist er nicht. Ich frage mich, wo ist mein Schlüssel? Ich fürchte, ich werde zu spät kommen, wenn ich ihn nicht bald finde!“

„Jetzt wird bald dein Bruder aus der Schule heim kommen. Was denkst du, womit er dann spielen will? Sollen wir sein Lieblingsspielzeug für ihn herrichten?”

  • Geben Sie Ihrem Kind Gelegenheit, die Gespräche anderer mitzuhören, und ermutigen Sie es sogar dazu: Gespräche, wohin jemand auf Urlaub gehen möchte oder was jemand gerne kaufen möchte. Oder wenn Freunde einander Geschichten oder Witze erzählen.
  • Erinnern Sie sich mit Ihrem Kind an gemeinsame Erlebnisse oder teilen Sie diese Erinnerungen auch mit anderen Familienmitgliedern oder Freunden. Beschreiben Sie dabei auch Emotionen und Gedanken. So kann Ihr Kind lernen, das Erlebte auch aus der Perspektive einer anderen Person zu betrachten.

„Erinnerst du dich an den Zoobesuch letzte Woche? Du warst von den Affen so begeistert! Die haben dich zum Lachen gebracht. Mir hat das Nashorn besser gefallen. Kannst du dich erinnern, als wir uns vor dem Tiger gefürchtet haben? Ich habe gesehen, dass du Angst hattest.“

Einige Freizeitaktivitäten können die sozialen Fähigkeiten besonders fördern:

  • Wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Kind ein Bilderbuch oder Buch lesen, lernt Ihr Kind sich auf ein bestimmtes Gesprächsobjekt zu konzentrieren. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, was die Personen der Geschichte bewegt und gehen Sie auch auf die Bilder ein, auf Mimik und Körpersprache der dargestellten Personen.
  • Rollenspiele können Ihrem Kind helfen, sich in die Situation anderer hinein zu versetzen.

Bei vielen Spielen geht es um die Kommunikation mit den Mitspielern, die etwas erraten oder übereinstimmende Bilder nachlegen müssen. „Schiffe versenken“ ist vielleicht das bekannteste davon. Aber auch andere Ratespiele fördern die Kommunikation, beispielsweise „Ich seh‘, ich seh‘ was du nicht siehst.“

Bild: ©Fotolia

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