Spiele bieten eine tolle Möglichkeit für Kinder, um neue Dinge einfach zu erlernen. Vor allem hörbeeinträchtigte Kinder können durch unterschiedliche Spiele viel dazu gewinnen.

Spiele haben aber für Kinder nicht nur einen unterhaltenden Charakter – Kinder erlernen über das Spiel verschiedenste Kompetenzen, sie verarbeiten Erlebtes und reihen es spielend in ihr Weltbild ein. Für hörbeeinträchtigte Kinder stellen Spiele einen wichtigen Bestandteil der gezielten Hör-Sprach-Therapie dar. So können wir die Kleinen zu ihren Anlässen sinnvoll beschenken und ihnen damit doppelte Freude machen und der Spielenachmittag kann zur lustvollen Therapieeinheit werden, wenn wir die Spiele entsprechend aussuchen und einsetzen.

Es gibt natürlich eine Vielzahl an Spielverlagen, die pädagogisch wertvolles Spielzeug anbieten, das dann oftmals auch in der Therapie zum Einsatz kommt. So erklärt Lisa Eisenhut, Logopädin der Elisabethinen in Graz und ausgebildete Kindergartenpädagogin, dass sie und ihre Kollegin Heike Münch mit den ganz Kleinen am liebsten dem freien Spiel mit Spielmaterial wie Tierfiguren (Schleich bietet eine umfangreiche Auswahl), Kaufmannsladen oder Puppenhaus Raum bieten. Tina Moser, Logopädin am Klinikum Wels-Grieskirchen, sieht das ähnlich und schätzt dabei besonders naturbelassene und qualitativ hochwertige Materialien, wie sie zum Beispiel von HABA (www.haba.de) oder Selecta (www.selecta-spielzeug.de) angeboten werden. Birgit Stelzer, Logopädin des Pädaudiologischen Beratungs- und Therapiezentrums in Linz, empfiehlt das Buch „Geschichtensäckchen – Material- und Spielanregungen für 1- bis 4-jährige Kinder“ von Antje Bostelmann, das im Bücherregal der Eltern Platz finden sollte.

„Wir gehen einkaufen“ ist kein herkömmlicher Kaufmannsladen, sondern ein Regelspiel von HABA, dessen Spielmaterial aber jederzeit auch im Kaufmannsladen bestehen könnte. Ilse Denk, Leiterin des Kindergartens am Bundesinstitut für Gehörlosenbildung in Wien, empfiehlt es für Kinder ab 3 Jahren: „Das Spiel kann auch als Memory gespielt werden.“ Auch Ravensburger bietet zu diesem Thema ein Regelspiel, „Wir spielen einkaufen“ mit vier verschiedenen Spielvarianten. Es ist für 4-jährige gedacht und bietet als Spielmaterial daher keine Figuren, sondern Bildkärtchen, dafür wird auch der Begriff des Geldes mit eingeführt. Michaela Velissaris, Schwerhörigenlehrerin der Mobilen Betreuung der Schwerhörigenschule Wien Hammerfestweg, spielt mit den Kleinen (2½-7 Jahre) gerne das „Tierstimmen-Memory“ von Ravensburger: Tierstimmen sollen erkannt und danach die passenden Memory-Kärtchen gefunden werden.

Klassiker wie „Verfühlt noch mal“ und „Obstgarten“ können mit der entsprechenden Spielleitung zum Sprachtraining werden. Meist reicht es, wenn ein Erwachsener das Spiel so erklärt, dass das Benennen der Früchte oder Gegenstände selbstverständlich zum Spielablauf gehören. „Obstgarten“ hat sich so bewährt, dass es mittlerweile in verschiedenen Varianten, auch als kleinformatiges Mitbring- oder Reisespiel erhältlich ist. Auch „Frechdachs“ von HABA ist ein ideales „Mitbringsel“, ein Memory-Spiel für 4-jährige, bei dem der Wortschatz um die Kleidung geübt wird, so man als Spielleiter darauf besteht, dass die Karten nicht wortlos abgelegt werden dürfen.

HABA bietet noch eine Vielzahl anderer interessanter Brettspiele an. Frau Moser spielt mit den 4- bis 7-jährigen gerne „Rummel Ritter“: Auf dem Weg zum Ritterturnier müssen die Ritter jeweils eine Rätselaufgabe lösen. Die Logopädin erklärt: „Dabei lässt man die Therapieinhalte, wie die Differenzierung von Lauten, den Lexikonaufbau (Was bringt der Ritter mit?), Artikulation und Grammatik, spielerisch einfließen. Das Spiel bleibt auch nach wiederholten Spieldurchgängen immer noch spannend und da viele Kinder Spielfiguren von Rittern besitzen, wird auch die Erzählfreude der Kinder geweckt.“ Auch den Alltag zu „besprechen“ kann Spaß machen. Frau Moser schmunzelt: „Wenn die Kleinen (3-4 Jahre)  bei „Ab ins Bett Nils“ auch mal jemanden ins Bett schicken dürfen, macht das für sie einen besonderen Reiz aus.“ Dem Nilpferd Nils fallen aber noch tausende Dinge ein, die es vorher erledigen möchte, und die entsprechend besprochen werden müssen. „Für den logopädischen Bereich eigne sich das Spiel sehr gut zur Förderung einfacher grammatikalisch-syntaktischer Strukturen, wie die Verwendung von Modalverben: ‚Nils muss noch Zähne putzen‘“, erklärt die Fachfrau.

Auch Selecta bietet vielfältige Regelspiele an. So mag das Team um Sibylle Mayer-Rieckh, BSc am „Sozialen Förderzentrum für Hör- und Sprachförderung“ am Grazer Rosenberggürtel „Pino Sortino“ (ab 3 Jahren) besonders: Beim Aufräumen kann man über viele Begriffe des häuslichen Alltags sprechen. Aber auch KOSMOS, bekannt für seine Experimentierkästen, bietet mit „Können Schweine fliegen“ ein spannendes Wissensspiel für Kinder ab 5 Jahren, das zum Gespräch anregt. Mit dem Memo-Erzählspiel „Der kleine Sprechdachs“ (ab 4 Jahren) von Hugh & Friends empfiehlt uns die Frühförderin und Kindergartenpädagogin ein preisgekröntes Spiel aus einem weniger bekannten Spieleverlag, das sich auf der Empfehlungsliste „Kinderspiel des Jahres 2007“ findet und für den deutschen Lernspielpreis 2007 nominiert war. Wem es gefällt, der kann mit „Der kleine Sprechdachs beschreibt seine Freunde“ (ab 5 Jahren), „Sprechdachs“ (13 Spielvarianten für Kinder von 5-10 Jahren) oder „Der reimende Sprechdachs“ (ebenfalls ab 5 Jahren) ergänzen.

Für die etwas Größeren (ab 6 Jahren) bietet HABA mit der „Silben-Rallye Europa“ ein spannendes Wettrennen, bei dem Silbentrennung und Wortschatz gleichermaßen geübt werden und das später dann auch für den Fremdsprachenerwerb adaptiert werden kann. Frau Velissaris verrät: „‚Wer ist es‘ (ebenfalls ab 6 Jahren) von MB ist der absolute Renner.“ Eine geheime Person muss genau beschrieben und anhand ihrer Merkmale erraten werden. „Und ganz nebenbei erweitert sich der Wortschatz.“

Auch an der Logopädie im LK St. Pölten wartet eine große Sammlung pädagogisch wertvollen Spielmaterials vorwiegend aus dem Hause Ravensburger auf die Kinder. Unter dem Titel „Spielend Neues lernen“ bietet Ravensburger eine wohlsortierte Übersicht über die Lernspiele des Verlags. So zum Beispiel „Die freche Sprechhexe“, eines der Lieblingsspiele der niederösterreichischen Logopäden: Für den Zaubertrank müssen die richtigen Zutaten, Reimwörter und ähnliche Wörter in den magischen Kessel gerührt werden. Das Spiel hat vier Spielmöglichkeiten, je nach Altersstufe und Schwierigkeitsgrad, und kann nach Belieben durch eigene Wortpärchen erweitert werden. Wem das Spiel gefällt, der kann später auch „Die freche Englischhexe“ mit in die heimische Sammlung aufnehmen…

Ebenfalls von Ravensburger kommt „Sprich genau – hör genau“, ein Kartenspiel für 4- bis 7- jährige, das sich ebenfalls um ähnlich klingende Worte und um Reime dreht und eine Vielzahl an Spielvarianten bietet. RatzFatz von HABA ist eine ganze Spielewelt mit unterschiedlichsten Spielevarianten zu verschiedenen Themengebieten für Kinder von 3 bis 12 Jahren, in denen es immer um Reaktion und Sprachförderung geht.

Für ältere Kinder und Jugendliche findet man auch komplexere Spiele zur Kommunikationsförderung. Der Klassiker dabei mag Activity von Piatnik aus dem Jahr 1990 sein, den es mittlerweile in vielen Spielvarianten auch schon für Kinder (ab 8 Jahren) und Kindergartenkindern (ab 4 Jahren) gibt. Aber auch andere Spiele wie Tabu (ebenfalls seit 1990, derzeit Parker Spiele, ebenfalls in Erwachsenen- und Kinderversionen erhältlich) oder Outburst sind geeignet, insofern sie Wortschatz und Ausdrucksweise fördern. Selbst Gesellschaftsspiele wie DKT oder typische Partyspiele können das Gespräch anregen.

In der Reihe „Listen Up!“ gibt es jetzt ganz neu auch ein „Hörkreuzworträtsel“ zu verschiedenen Themenbereichen und auf vier ansteigenden Schwierigkeitsstufen – Hörtraining für Jugendliche und Erwachsene spannend verpackt. Genauere Informationen dazu findet man unter care.medel.com, bestellen kann man die CD für €14,99 dort oder bei MED-EL Wien.

Eine komplette Liste mit Spielempfehlungen zu geben ist angesichts des umfangreichen Angebots von pädagogisch hochwertigen Spielen, die direkt oder in entsprechender Adaption in der Hör- und Sprachtherapie eingesetzt werden können, schier unmöglich. Deswegen macht es für die Suche durchaus Sinn, auf entsprechende Internetlisten zurückzugreifen oder auf Spieleverlage, die sich auf therapeutisches Spielmaterial spezialisiert haben. Lisa Eisenhut hat sehr gute Erfahrungen mit Trialogo (www.trialogo.de) und auch mit Prolog (www.prolog-therapie.de) gemacht.  „Klatsch ab“ und „Plappersack“ von Trialogo stellen jeweils ganze Therapie-Sets dar, sodass die Spiele auf die individuellen Übungsbedürfnisse zugeschnitten werden können. Aber auch das interaktive Computerspiel „Detektiv Langohr“ zur Geräuschezuordnung soll hier Erwähnung finden. Dem Team der Elisabethinen hat es das Spiel „Lauter Hexerei“ von Prolog angetan. Auch bei diesem Spiel wird in der Hexenküche wieder ein neuer Zaubertrank aus phonetischen Bestandteilen zusammengebraut, bei dem alle Mitspieler mitkochen müssen. Dabei geht es um viele verhexte Laute, die nach Ziellaut, Lautposition und Schwierigkeitsgrad ausgewählt und von der Laut- bis zur Textebene angeboten werden können. Mit entsprechenden Zusatzkarten kann das Spiel dann an die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Kindes angepasst werden. Mit so vielen Hexen-Spielen kann sprechen doch nicht länger Hexerei bleiben…?!

Tina Moser kann den Verlag Lingoplay empfehlen, während auf dem Schreibtisch des leitenden Logopäden Max Schlögel und seinem Team im LK St. Pölten ein dicker Katalog von schubi.at liegt. Dort findet man auch das Dreieck-Domino Schubitrix, bei dem es neben Varianten zur Lese-, Mathematik- und Fremdsprachenförderung auch zwei Kartensätze mit Reimwörtern gibt. Aber es werden neben Regelspielen auch eine Vielzahl an Bilderboxen mit lustigen Bildgeschichten und viele Kopiervorlagen angeboten, die als Rätsel ins Kinderzimmer Einzug halten können. Wenn abschließend noch die Webseite von www.lernspielkiste.de als Spieleversand für eine Vielzahl eher unbekannter Lern- und Therapiespiele unterschiedlichster Hersteller erwähnt sei, so ist die Aufzählung damit zwar abgeschlossen, aber sicher nicht vollständig.

Es ist trotzdem zu beachten, dass Hören und Sprechen auch mit den besten und unterhaltsamsten Spielideen nur dann zielführend gefördert werden können, wenn das Kind nicht auf sich allein gestellt spielen muss, sondern einen deutlich und korrekt sprechenden Mitspieler oder Spielleiter zur Seite hat. Das wohl kostbarste Geschenk, das wir unseren Kindern machen können, wird stets die Zeit bleiben, die wir mit ihnen verbringen, sprechen und zuhören, gemeinsam singen und lachen – mit der Unterstützung von Regelspielen oder frei davon.

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