USH2018 – Internationales Usher Syndrom Wissenschafts- und Patientensymposium fand von 19. bis 21. Juli 2018 in Mainz (Deutschland) statt. Thema war der aktuelle Stand der Wissenschaft und Forschung sowie neue Therapieoptionen.
Dominique Sturz, Patient Advocate Usher Syndrome & Rare Diseases, Usher Initiative Austria, Usher Kontakt CIA, Patientenbeirat (ePAG) ERN Eye
Über 250 Teilnehmer aus aller Welt besuchten das USH2018 Wissenschafts- und Patientensympoisum, das erstmalig im deutschsprachigen Raum stattfand. Weitere mindestens 150 Personen verfolgten die Konferenz über Livestream direkt mit. Das diesjährige Usher Patientensymposium war die größte Veranstaltung innerhalb der Usher Community überhaupt und war durch Gebärdensprach- und Schriftdolmetschung in englische und deutsche Sprache komplett barrierefrei.
Über Usher Syndrom
Das sogenannte Usher Syndrom ist eine seltene genetisch bedingte Erkrankung, die häufigste Ursache für kombinierten Hör- und Sehverlust unterschiedlichsten Ausmaßes, je nach Suptyp und Stadium der Erkrankung. Kinder mit Usher Syndrom werden entweder taub (Subtyp 1) geboren und meist mit Cochlea-Implantaten versorgt oder sie kommen mit mittel- oder hochgradiger Schwerhörigkeit (Suptyp 2 und 3) zur Welt und erhalten Hörgeräte und später, wenn diese für lautsprachliche Kommunikation im späteren Erwachsenenalter nicht mehr ausreichen, ebenfalls Cochlea-Implantate.
Therapiemöglichkeiten
Während also der Hörverlust weitgehend mit CIs oder Hörgeräten ausgeglichen werden kann (und/oder Gebärdensprache oder taktile Gebärdensprache oder Lormen als Kommunikationsform je nach Umfeld der Betroffenen genutzt wird), ist für den fortschreitenden, durch RP – Retinopathia pigmentosa verursachten Sehverlust noch keine Therapie zugelassen, es werden jedoch mehrere Therapieformen in klinischen Studien mit Patienten geprüft. Diese wurden uns beim Symposium vorgestellt.
Gentherapie ist dabei die vielversprechendste und am weitesten fortgeschrittene Therapieform. Das Produkt Luxturna, die erste Gentherapie am Auge überhaupt, ist nun nach der Zulassung in den USA im Dezember 2017 auch in Europa seit November 2018 als Therapie zugelassen und wird nach der Nutzenbewertung (HTA – Health Technology Assessment) voraussichtlich in etwa einem Jahr auch in Europa für Patienten mit LCA, einer Erkrankung, die durch RPE65 Mutation bereits in frühen Kindesjahren zur Erblindung führt, zur Verfügung stehen – ein Meilenstein!
Dem Therapiemodell von Luxturna folgend wurde eine Gentherapie (UshStat) für USH1b entwickelt, diese wird derzeit in einer klinischen Studie Phase Ib/IIa (Paris und Portland, USA) mit erwachsenen Patienten geprüft, Ergebnisse und Phase III werden demnächst erwartet. Für USH2A- und für RP Patienten mit Mutationen im Exon 13 wird eine klinische Studie gerade gestartet, eine andere Form der Gentherapie, die auf dem sogenannten Exon Skipping – dem Überspringen eines defekten
Genabschnittes – beruht, und beginnt mit der Patientenrekrutierung. Details dazu wurden im Wissenschaftssymspoium präsentiert und im Patientensymposium für Laien in verständlicher Sprache zusammenfassend erklärt, Interesse und Begeisterung der Zuhörer waren groß!
Weitere Therapieformen wie Stammzelltherapie, Optogenetik oder ins Auge verabreichte Medikamente sind ebenfalls in Entwicklung, Retina-Implantate sind in einigen Ländern bereits zugelassen und bei Patienten in weit fortgeschrittenem Stadium der Erblindung im Einsatz, eindrucksvoll wurde dem Erfahrungsbericht einer Retina-Implantatträgerin gelauscht, die uns ihre nach ihrer völligen Erblindung neu gewonnenen Seheindrücke schilderte!
Ausblick
Usher Patienten dürfen also in absehbarer Zeit auf die Erfüllung einiger ihrer Träume hoffen. Auf jeden Fall wurde in diesem Jahr 2018 ein Teil meiner Träume, für die nicht nur ich mich jahrelang eingesetzt habe, wahr:
· Die Usher Community wächst und ist weltweit immer stärker vernetzt und Europa ist mit den USA durch das gemeinsam organisierte Symposium näher zusammengerückt!
· Therapien werden in klinischer Studien mit Patienten geprüft, weitere Studien werden folgen, Zulassungen und Zugang zu neuen Therapien stehen unmittelbar bevor!
· Usher Patienten und ihre Familien stehen heute meist nicht mehr allein da und sind in Austausch mit der Usher Community, Usher Experten und Wissenschaftlern und in immer größer werdender Zahl bestens über ihre Möglichkeiten informiert!
· Professionelle und interdisziplinäre Herangehensweise bei Usher Syndrom inklusive psychosozialer Unterstützung sind heutzutage mancherorts schon an der Tagesordnung, auch wenn es hier vielerorts noch viel zu tun gibt. Die Aussicht auf herannahende Behandlungsmöglichkeiten geben berechtigten Anlass zur Freude!