Isabel Allende ist als Autorin magisch-realistischer Romane für Erwachsene bekannt. Die US-Amerikanerin schreibt Fiktion stets in ihrer Muttersprache Spanisch – auch Jugendbücher.

Ing. Eva Kohl, Clinical Engineer, MED-EL Wien

Alex´ Großmutter schreckt ihre Enkel mit Geistergeschichten, schickt ihnen zum Geburtstags Schokopralinen mit Chili-Füllung und den 15-jährigen Alex holt sie nicht einmal vom Flughafen ab, als der allein zu ihr nach Manhattan kommt. Denn Alex´ Mutter muss sich einer Tumortherapie unterziehen und er soll in dieser Zeit Oma Kate auf eine Expedition zum Amazonas begleiten. Reisejournalistin Kate Cole ist fatalistisch: „Ich will lieber am Amazonas von den Indianern umgebracht werden, als in New York vom Alter.“ Mit Alex geht sie ebenso rüde um wie mit sich selbst. Doch als er seine geliebte Flöte vermisst, überantwortet sie ihm das wertvolle Instrument ihres verstorbenen Ex-Manns Joseph.

Kate Cole und Isabel Allende sind im gleichen Jahr geboren, beide schreiben und sind unkonventionelle Großmütter, die ihre jeweils drei Enkel lieben. „Ich denke, sie sind perfekt“, erklärt Allende. „Wenn wir etwas wirklich lieben, lieben wir den Kern.“

Die Mystik im Schreiben

Kalifornien, frühmorgens am 8. Jänner 2001, ein Privatbüro in einem Gartenhaus. Eine zierliche Dunkelhaarige, kaum größer als einen Meter fünfzig, entzündet einige Kerzen. Kurz meditiert sie, dann setzt sie sich an ihren Computer und schreibt. „Am 8. Jänner 1981 erhielt ich telefonisch Nachricht, dass mein geliebter Großvater im Sterben lag“, erinnert sich Isabel Allende. „Ich begann einen Brief an ihn, der die Grundlage für meinen ersten Roman Das Geisterhaus wurde – diesen Tag behielt ich als Beginn aller meiner Bücher bei.“ Heute sind es 23 Bücher übersetzt in 35 Sprachen. Teilweise in beißenden Humor verpackt transportieren sie Weltgeschichte und Lebenserfahrungen. Wenn die Autorin ihren Protagonisten übersinnliche Fähigkeiten zuspricht, wirkt das phantastisch oder mystisch.

Isabel Allende wurde 1942 in der peruanischen Hauptstadt Lima geboren. In der zweiten Ehe ihrer Mutter mit dem Diplomaten Ramón Huidobro lebte die Familie auch in Bolivien, dem Libanon und in Europa. Großteils verbrachte Allende ihre Jugend aber in Chile. Erst als Präsident Salvador Allende, ein Cousin ihres Vaters, beim Militärputsch 1973 entmachtet und ermordet wurde, flohen die Journalistin und ihr Mann mit den beiden Kindern nach Venezuela. Die Ehe wurde 1987 geschieden, ein Jahr später lernte Allende ihren zweiten Ehemann kennen, den US-amerikanischen Juristen und Autor Willie C. Gordon. Sie lebt seither in Kalifornien, seit 2015 ist sie wieder geschieden.

Journalistin, Autorin und Großmutter

Ab dem Alter von 18 Jahren war Isabel Allende Journalistin. Sie veröffentlichte auch Kurzgeschichten, zwei Kindergeschichten und ein Theaterstück. Weltruhm als Autorin erlangte sie 1982 mit Das Geisterhaus. Allende nimmt für ihre Geschichten reale Personen und Geschehen als Vorbild, die sie mit fiktiven Elementen mischt – laut ihren eigenen Erzählungen bringt ihr diese Vorgehensweise heftige Kritik aus ihrem engsten Umfeld ein. Zwei autobiographische Romane verstehen sich als Briefe an ihre früh verstorbene Tochter Paula: In Paula und Das Siegel der Tage beschreibt Allende die Geschichte ihrer Familie, verwoben mit der Geschichte ihrer Heimat.

Sie beschreibt darin auch, dass ihre Enkel Alejandro, Andrea und Nicole fordern, nach den Büchern für Großvater und Tochter solle Großmutter Allende auch für sie, die Enkel, etwas schreiben. Die Abenteuer von Aguila und Jaguar ist eine fantastische Abenteuer-Trilogie. Die Stadt der wilden Götter handelt im Amazonas. In Band zwei und drei entdecken Alex und seine brasilianische Freundin Nadia den Himalaya und Zentralafrika.

Herausforderung für junge Leser

„Im Amazonas-Gebiet verging die Zeit anders als sonst auf dem Planeten. Hier wurde sie nicht in Stunden gemessen, sondern in Sonnenaufgängen, Hochwassern, Jahreszeiten, Regenfällen“, schreibt Allende im ersten Band ihrer Jugendbuch-Trilogie und im zweiten: „Zeit ist eine Erfindung der Menschen – für das spirituelle Dasein hat sie keine Bedeutung.“

Das Buch beginnt mit einer realistisch beschriebenen Krisensituation. Aus der anfänglichen Spannung entwickelt sich zusehends eine mystische Fantasiewelt. Wenn Allende angebliche Rituale unberührter Naturvölker beschreibt, verschwimmen die Grenzen von Information und Fiktion. „Für mich ist eine Kurzgeschichte wie ein Bogen – sie braucht die richtige Richtung vom Beginn an und ich muss immer im Auge behalten, worauf ich hinaus will“, beschreibt Allende im Interview den Unterschied zwischen Kurzgeschichten und Romanen. Ein Bogen, der den Abenteuern von Aguila und Jaguar fehlt – für die 270 Seiten braucht es langen Atem. Sich beim Lesen die erzählende Großmutter vorzustellen, versöhnt – Allendes Romane für Erwachsene bleiben aber unerreicht.

Der Schreibstil wäre schon für Jüngere geeignet, der Umfang erklärt aber die Empfehlung ab 12 Jahren. Die ungekürzte Lesung von Marc Oliver Schulze und Andreas Fröhlich ist klar zu verstehen – über 26 Stunden Hörbuch auf 24 CDs können mehr als eine Autofahrt lang unterhalten.


Buch: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar, Isabel Allende, Suhrkamp Verlag, 753 Seiten, ISBN-13: 978-3518460825

Die Stadt der wilden Götter, Suhrkamp, 328 Seiten, gebunden ISBN:978-3-518-41350-0, Taschenbuch ISBN: 978-3-518-45595-1, DTV, ISBN-13: 978-3423621915

E-Book: ePub EAN 9783518735350

Kindle Edition ASIN B008J0CFPG inklusive Vorlesemodus

Hörbuch: Die Stadt der wilden Götter/Im Reich des goldenen Drache/Im Bann der Masken, der hörverlag, ISBN 978-3-86717-191-5

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