Brigitte Kopal ist von ihrem Cochlea-Implantat so begeistert, dass sie auf der anderen Seite gerne auch ein CI hätte. Das war nicht immer so.
In einer Wiener Gartensiedlung sitzt Brigitte Kopal zum Telefonieren auf der Terrasse ihres Hauses. Drinnen ist die Verbindung so schwach, dass ihre Gesprächspartnerin Probleme hat zu verstehen. Kopal selbst versteht gut, obwohl sie schon seit dem Kleinkindalter Hörprobleme hat. Ohne Hörhilfe versteht sie heute nur noch drei Prozent. Telefonieren kann sie trotzdem ganz gut – dank ihres Cochlea-Implantats.
Bis zum Telefonieren war es aber ein langer Weg für die Mitarbeiterin einer öffentlichen Klinik in Wien. Sie bekam ihr erstes Hörgerät im Alter von etwa acht Jahren. Damals nur ein Gerät, obwohl sie auf beiden Seiten schwerhörig war. Sie absolvierte die Schule, lernte ihren Mann kennen, heiratete und wurde Mutter – alles mit Hörgerät. Nach der Jahrtausendwende sollte sich das ändern.
„Das war nicht mein Leben!“
Brigitte Kopals Hörvermögen verschlechterte sich sukzessive, in ihrem vierten Lebensjahrzehnt war sie funktional ertaubt. Familie und Freunde nahmen auf ihre Höreinbußen Rücksicht, doch: „Egal was es war, ein Anruf oder ein Arztbesuch, ich habe immer meinen Mann dabei gebraucht.“ Für seine Hilfe ist sie immer noch dankbar, aber in Alltagssituationen so sehr abhängig zu sein: „Das war nicht mein Leben!“ Die zweifache Mutter suchte nach Alternativen. Gebärdensprache kannte sie von ihrem erwachsenen Sohn, der in den Achtziger-Jahren im Vorschulalter als hochgradig schwerhörig diagnostiziert worden war und Zugang zur Gebärdensprache fand. Einige Jahre später lernten also auch die Eltern Kopal Gebärdensprache. Brigitte Kopal lacht herzlich: „Ich war ja ein absoluter Gegner vom CI.“ Mit der Zeit kamen ihr aber Zweifel: „Die Gebärden-Community lebt in ihrer eigenen Welt. Mein Mann und ich, wir bewegen uns hauptsächlich in der hörenden Welt.“
Ein Arzttermin gehörte zu den vielen Schlüsselerlebnissen. Kopal hatte schon bei der Anmeldung auf ihre Ertaubung hingewiesen und darum gebeten, sie beim Sprechen immer anzuschauen. „Das hat weder die Ordinationshilfe geschafft noch der Arzt selbst.“
Nach langen Überlegungen entschloss sich die damals 46-Jährige dann zur Cochlea-Implantation. Sie hatte schon einen Operationstermin am AKH Wien, doch auf persönliche Empfehlung von Freunden entschied sie sich dann doch für eine weiter entfernte Klinik, wo sie 2011 auf der linken Seite ein Cochlea-Implantat erhielt. Ihre Erfolge waren besser als erhofft: „Nach zwei Monaten habe ich perfekt verstanden!“ Ihr langer Weg zum guten Hören schien vorerst erfolgreich beendet.
Sicheres Implantat und sichere Operation
Kurz nach Brigitte Kopals Implantation musste der Hersteller ihres Implantats eine ganze Produktionsserie zurückrufen, weil es wiederholt zu Funktionsausfällen kam. „Ich habe das in der Zeitung gelesen und zu meinem Mann gesagt: Ich tät ja lachen, wenn ich da eines davon hätte.“ Als die Wienerin im Februar 2012 tatsächlich nochmals zur OP musste, war ihr nicht zum Lachen zumute. Sie erhielt das ältere Vorgängermodell als Ersatz, mit dem sich aber schon im nächsten Jahr weitere Probleme zeigten: Die Wunde begann zu nässen, über dem Implantat bildete sich eine kleine Hautöffnung.
An der betreuenden Klinik wollte man sie gleich nochmals operieren, doch die leidgeprüfte Frau hatte ihr Vertrauen verloren. „Ich hab´ geweint als wie“, wandte sie sich wieder an die Wiener Klinik, wo Professor Gstöttner trotz aller Bemühungen nichts anderes blieb, als das Implantat zu entfernen. Wie die Patientin verstand, war das Implantat zu wenig befestigt. Winzige Bewegungen könnten zu den Hautproblemen geführt haben. Der erfahrene Chirurg bot die sofortige Implantation der rechten Seite an, da die linke Seite Zeit zum Abheilen benötigte. „Nach den ersten Erfahrungen habe ich mich aber erst gewehrt.“ Die Unselbständigkeit, die mit der Taubheit in einer Welt der Hörenden verbunden war, wollte die agile Mittfünfzigerin aber nicht auf Dauer in Kauf nehmen. Es dauerte zwei Jahre, bis sie Mut zu einer neuerlichen Implantation fasste. Der erfahrene Chirurg Gstöttner implantierte am mittlerweile abgeheilten, linken Ohr: „Er hat das Implantat angenäht, und mit Knochenmehl und einem speziellen Kleber fixiert, das hat er mir erklärt.“ In Kombination mit den Fixierungspins des SYNCHRONY ist das Implantat vierfach gegen Verrutschen gesichert. Seither kann Brigitte Kopal wieder hören, ganz ohne weitere Probleme.
Was wirklich wichtig ist
„Wissen Sie, wie glücklich ich war, als ich mit dem CI zum ersten Mal meinen Kater maunzen gehört hab´!“, schwärmt Brigitte Kopal. „Und die Vögel, wenn sie im Garten singen.“ Dann lacht sie verschmitzt: „Nur mein Mann ärgert sich: Jetzt kann ich hinter dir nicht mehr nachmatschkern.“ Natürlich ist das Hören mit Implantat nicht ganz wie das gesunde, natürliche Hören – wie das Sehen mit Brille auch nicht ganz dem natürlichen Sehen entspricht. Kopal kennt die Herausforderungen: Das Telefonieren braucht Konzentration, die Akkus für den Prozessor würde sie sich günstiger wünschen und Konversationen in Fernsehfilmen mit vielen Hintergrundgeräuschen versteht sie nicht immer. Aber: „Ich kann jetzt sogar wieder ins Theater gehen, oder in die Oper.“
Für den langfristigen Hörerfolg sei nach ihrer Erfahrung gute technische Betreuung ebenso maßgeblich wie das Implantat selbst. Kopal zeigt sich von ihren beiden ersten Implantaten immer noch enttäuscht: „Da war nie jemand da, wenn ich in Not war.“ Bei MED-EL lobt sie den Service und schwärmt vom Engagement der Servicetechniker. „Letztens habe ich bei meinem Prozessor etwas kaputt gemacht, gerade am ersten Tag der Ausgangsbeschränkung aufgrund der Corona-Krise.“ Sie rief im Zentrum Hören an, und dort war man wie immer für Kundenanfragen bereit: „Ich habe denen meinen Prozessor durch das Gitter gereicht und fünf Minuten später habe ich ein repariertes Gerät gehabt.“
„Ich kann nur jedem raten, ein CI zu nehmen, wenn er es braucht.“ Sie selbst wartet auf den ersten freien Termin zur Implantation der zweiten Seite: „Es lebt sich doch leichter mit beiden Seiten!“ Jetzt aber gleich mit einem MED-EL Cochlea Implantat. Für welcher Kommunikationsweise sich ein Mensch im Alltag entscheidet, sei letztlich seine persönliche Entscheidung. Aber gerade für Kinder ginge es darum, Möglichkeiten offen zu halten: „Man muss dem Kind diese Chance geben, denn die Welt besteht zu einem Großteil aus hörenden Menschen.“