Die US-amerikanische Krankenschwester Alley Mason arbeitet auf der Intensivstation einer Klinik in Texas und sie ist Nutzerin eines CochleaImplantats. Welche speziellen Herausforderungen sie dabei meistert und wie ihr Berufsalltag aussieht, erzählt sie auf ihrem eigenen YouTube-Kanal. 

Eva Kohl 

Alley Mason war im Alter von drei Jahren in Folge einer bakteriellen Meningitis ertaubt. Ein CochleaImplantat am rechten Ohr ermöglicht es ihr, zumindest einseitig zu hören. Ihre Höreinschränkung hat sie aber nicht davon abgehalten, sich zur Krankenschwester ausbilden zu lassen 

Als ich in die Krankenpflegeschule kam, war das erste Problem, mit dem ich konfrontiert wurde, wie ich mit dem CI ein Stethoskop benutzen kann.“ Die Ohrbügel üblicher Stethoskope münden direkt in den äußeren Ohrkanal, was bei CI-Nutzern ähnlich sinnlos ist wie die Verwendung von Einsteck-Kopfhörern. „Ich bekam einen kleinen Moment Panik, was ich tun würde. Aber ich fand dann bald ein Stethoskop, an das man jeden beliebigen Kopfhörer anschließen kann und ihn damit zum Stethoskop-Bügel verwandeln“, also auch große Muschel-Kopfhörer, die man bequem über den Prozessor setzen kann. Oder man kann den Kopfhörer-Ausgang über ein Standard-Audiokabel mit dem DAI, den direkten Audioeingang am CI-System, verbinden.  

„Ich verwende ein MED-EL CochleaImplantat mit einem SONNET-Prozessor sowie den MED-EL AudioLink“, dort steckt Schwester Alley den Ausgang des Stethoskops ein. „Der AudioLink macht dann eine BluetoothVerbindung zu meinem CochleaImplantat.“ Den AudioLink lässt die Krankenschwester während ihrer gesamten Schicht im Standby-Modus eingeschalten. „Wenn ich dann das Stethoskop einschalte, ist es in drei Sekunden einsatzbereit. Das ist etwa gleich schnell wie bei jemandem, der sein Stethoskop herausnimmt und es in die Ohren steckt. 

Die selbstbewusste Alley Mason meistert ihren anstrengenden Arbeitsalltag dank ihres CIs hervorragend. ©privat

Klinikalltag mit CI 

Im vergangenen Dezember hat die junge Texanerin ihre Ausbildung abgeschlossen und Anfang 2020 ihre Karriere auf der Intensivstation begonnen. Sie arbeitet in der Nachtschicht, von sieben Uhr abends bis sieben Uhr morgens: „Ich wache zwischen 14:30 und 15:30 Uhr auf. Ich schlafe aber nicht mit eingeschaltetem CI und bin deswegen absolut taub, wenn ich schlafe. Ich verwende den Vibrationswecker meiner Armbanduhr, um aufzuwachen. Falls ich verschlafe, ist mein Assistenzhund Saki eine gute Unterstützung. 

Normalerweise gehe ich dann gegen 18 Uhr zur Arbeit“, erzählt Mason.Die 24 Stunden Akku-Laufzeit eines RONDO 3 würden auch für einen 13 Stunden dauernden Schichtdienst dauerhaftes Hörvermögen sicherstellen. Doch Mason hört mit einem SONNET und verlässt sich dabei auf Einwegbatterien: „Ich habe immer zumindest zwei Garnituren Reservebatterien für mein CI dabei: eine im Hosensack meiner Schwesterntracht und eine in meiner Tasche. Im Dienst kann ich keinen Moment auf das Hören verzichten. Ich bin ja für das Wohl meiner Patienten und für ihr Leben verantwortlich, also kann ich nicht ohne Batterien herumlaufen. 

Auf der Intensivstation werden zu Beginn der Schicht bei jedem Patienten Herz, Lunge und Magen mit dem Stethoskop abgehört, sodass jeder Patient mindestens alle zwölf Stunden abgehört wird. Dieses spezielle Stethoskop ist das einzige Hilfsmittel, das ich derzeit routinemäßig verwende. Der MED-EL AudioLink hat aber auch eine Funktion, mit der man ihn als Mikrofon verwenden kann. Wenn ich also zum Beispiel mit einer anderen Krankenschwester etwas bespreche und es im Hintergrund laut ist auf Intensivstationen kann das schon vorkommendann kann ich der anderen Krankenschwester den AudioLink geben. Sie spricht dann direkt in den MED-EL AudioLink und damit direkt in mein Cochlea-Implantat.“  

Der MED-EL AudioLink bietet Alley Mason in ihrem Job eine große Unterstützung. ©MED-EL

Sichere Kommunikation: Closed-Loop 

Auf der Intensivstation kümmern wir uns um schwerkranke Menschen. Oft geht es darum, sie vor dem Sterben zu bewahren. Dabei werden mir oft wichtige Informationen zugerufen und ich muss sicherstellen, dass ich alles richtig verstehe.“ Ein CI ermöglicht tauben Ohren zu hören, aber es kann das gesunde natürliche Hörvermögen nicht vollständig ersetzen. Für gutes Sprachverstehen in lauter Umgebung ist beidseitiges Hören wichtig. Die sogenannte Closed-Loop Kommunikation hilft nicht nur der 22-jährigen CI-Nutzerin, Missverständnisse bei wichtigen Informationen oder ärztlichen Anweisungen zu vermeiden.  

„Wenn zum Beispiel ein Patient eine sehr langsame Herzfrequenz hat und der Arzt mir sagt: ‚Gib ihm 0,5 Milligramm Atropin, würde ich das bei der Closed-Loop – Kommunikation zum Arzt gewandt wiederholen: ‚Ich gebe 0,5 Milligramm Atropin, bevor ich es durchführe. Wenn ich den Arzt falsch verstanden hätte, könnte der mich so noch rechtzeitig stoppen und korrigieren.“ Missverständnisse auf der Intensivstation könnten nämlich besonders schwerwiegende Folgen haben: „Daher verwenden alle in meiner Abteilung diese Closed-Loop Kommunikation. Für mich ist sie besonders hilfreich. Sie gibt mir die Sicherheit, dass ich richtig verstanden habe. 

„Da wir uns mitten im COVID 19-Ausbruch befinden, gilt in meinem Krankenhaus die Richtlinie, dass jeder immer eine Maske tragen muss.“ Wie viele hörbeeinträchtigte Menschen nützt auch Mason sonst ganz intuitiv das Lippenlesen als Unterstützung in der Kommunikation. „Das geht jetzt nicht. Deswegen ist es jetzt extra harte Arbeit für mich, Menschen zu verstehen, wenn die in ihre Masken sprechen.“ Regelmäßige Hörpausen und die Sicherheit der Closed-Loop Kommunikation sind nicht nur für sie, sondern auch für ihre normalhörenden Kollegen auf der Intensivstation zurzeit besonders wichtig.   

„Hörpausen helfen, besser zu verstehen“ 

„Als Krankenschwester auf der Intensivstation muss ich immer konzentriert hören: Bei der Zusammenarbeit mit den Kollegen; beim Horchen auf die Geräte, deren Signaltöne mir gewöhnlich sagen, wenn etwas schiefläuft.“ Aber auch sonst ist auf der Intensivstation Konzentration gefragt. „Ich muss ständig vorausdenken und jederzeit mit einem Problem rechnen: Wenn sich die Herzfrequenz meines Patienten verlangsamt oder wenn sein Blutdruck zu sehr sinkt oder steigt.“   

Bei einer so konzentrierten Arbeit sind Pausen besonders wichtig. An Masons Abteilung hat jede Krankenschwester eine ununterbrochene Pause von 30 Minuten täglich, welche die CI-Nutzerin als Hörpause gestaltet: „Ich verbringe meine 30-minütige Mittagspause allein. Es ist sehr selten, dass ich in meiner Pause mit jemandem spreche. Ich nutze diese Zeit, um mein Gehirn wieder aufzuladen.“ Für den Notfall erreichbar bleibt sie in dieser Zeit nur über ihren Pager.  

Mason hält so eine Hörpause für alle Menschen mit Hörproblemen für hilfreich: „Das ist sehr wichtig, weil wir als Schwerhörige dreimal so hart arbeiten wie alle anderen, um alles Gesagte richtig zu interpretieren. So eine Hörpause hilft wirklich, im weiteren Lauf des Tages wieder besser zu verstehen.“ 

Akustische Anzeigen statt Richtungshören 

Eine Herausforderung für mich als Krankenschwester ist, dass ich nicht sagen kann, woher ein Geräusch kommt.“ Die Fähigkeit Geräusche zu lokalisieren wird parallel zur Sprachentwicklung in jungen Jahren erlernt, und es bedarf dazu bilateralen Hörens. Obwohl beidseits ertaubt, wurde die Amerikanerin aber nur auf einer Seite implantiert. „Für mich ist es wirklich hilfreich, dass alle akustischen Alarme im Krankenhaus auch ein korrespondierendes Lichtsignal haben. Wenn also das Beatmungsgerät piept, leuchtet auch die Anzeige am Beatmungsgerät auf. Wenn die Infusionspumpe piept, leuchtet die Anzeige auf der Infusionspumpe auf.“  

„Ich habe keine Probleme damit, Unterschiede in der Tonhöhe und in der Art der ausgelösten Alarme zu erkennen. Wenn ich also einen Beatmungsalarm höre, weiß ich zwar, dass er vom Beatmungsgerät stammt. Wenn ich aber nicht sicher bin, ob ein Alarm vom Beatmungsgerät aus dem Zimmer meiner Patienten kommt oder aus einem anderen Krankenzimmer, dann werfe ich einen Blick in das Zimmer meiner Patienten und schaue, ob dort etwas aufleuchtet. 

Hörprobleme sind keine Ausrede! 

Taube und schwerhörige Menschen klagen vielfach, dass sie sich durch die allgegenwärtigen Masken isoliert fühlen. Mason kann das Problem nachfühlen: „Auch wenn Kollegen an der Abteilung einfach nur plaudern, tragen sie immer noch ihre Masken. Wenn mehr als zwei Personen sprechen, kann ich dem Gespräch schwer folgen“, beschreibt sie das Gefühl, an den Rand zu geraten, zum Außenseiter des Gesprächs zu werden. Als Berufsanfängerin ist sie bemüht, Kontakt zu den Kolleginnen aufzubauen, aber: Die Masken machen das etwas schwieriger. Natürlich benutze ich das nicht als Ausrede. Ich finde andere Wege, um mit Menschen Kontakt aufzunehmen. Aber ich verstehe die Gefühle der Isolation, die manche Menschen mit Hörverlust gerade haben. Gerade jetzt bin ich sehr glücklich, ein Cochlea-Implantat zu haben!“ 

„Ich stoße als Krankenschwester mit CI aber nicht nur auf besondere Herausforderungen, ich habe auch eine richtig coole Beobachtung gemacht!“ Schwester Alley erzählt von Patienten der Intensivstation, die mit großen Lebensveränderungen konfrontiert sind: Nach einem Schlaganfall oder nach manchen Behandlungen, wenn sie plötzlich mit relevanten Sprach-, Hör- oder Sehproblemen konfrontiert sind. „Ich trage meine Haare zur Arbeit hochgesteckt, so dass mein CI wirklich offensichtlich ist. Die Patienten sehen mein CI. Wenn ich also Probleme beim Hören habe, und sie Probleme beim Sprechen, Hören oder Sehen, dann verbindet uns das und ich kann besser mit ihnen in Verbindung treten.“ 

 

Alley Mason erzählt vom Leben und Erleben als Intensivschwester auf
https://www.youtube.com/c/NurseAlley
https://nursealley.com/
https://www.facebook.com/alley.mason 

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