Die Zukunft beim CI

Hersteller von Cochlea-Implantaten kündigen für die nächste Jahre weitreichende Innovationen an. Die Bitten der Nutzer wirken dagegen fast bescheiden: einfaches Audio-Zubehör und mehr Fokus auf Musik.

G3ict, eine Initiative der Vereinten Nationen zur Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderung im digitalen Zeitalter, lud am 60. Internationalen Tag der Cochlea-Implantate am 25. Februar CI-Nutzer, -Anbieter und -Fachleute zu einem Austausch über die Zukunft der Cochlea-Implantation ein. Gerade bei der „in der Tat erfolgreichsten Entwicklung technologischer Lösungen“, so Rachel Paul von G3ict, sei es wichtig, die Nutzer und deren Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen.

Patrick D’Haese, der bei MED-EL den Bereich „Öffentliche Angelegenheiten“ leitet, verweilte beim Blick nur kurz bei technischen Innovationen bezüglich des Prozessors und Implantats. Den Fokus legte er auf den weiter werdenden Einsatzbereich für Cochlea-Implantate sowie Entwicklungen im audiologischen und chirurgischen Bereich. So könnten zukünftige Implantationen unter lokaler Anästhesie und mit verkürzten Spitalsaufenthalten – bis hin zu Implantationen an der Tagesklinik -möglich werden. Von Elektroden mit pharmazeutischen Applikationen sowie Roboterunterstützung bei der Operation und der Insertion der Elektrode erhoffen sich Wissenschaftler, Entzündungen in Folge des Eingriffs noch besser zu unterbinden und damit noch vorhandenes Restgehör noch sicherer zu erhalten.

Die Corona-Krise hat auch im CI-Bereich einen Innovationsschub bei Telemedizin und Telegesundheit ausgelöst: Die Programmierung des Audioprozessors, eine technische Überprüfung und selbst die Rehabilitation über Internetverbindung scheinen nicht mehr unmöglich. Für CI-Nutzer in ländlichen Gebieten eine vielversprechende Option, mutmaßte D’Haese.

„Musik sollte Teil der CI-Reha sein!“

„Ich hatte mehr Angst, die Musik zu verlieren, als die Sprache zu verlieren“, erinnerte sich Robert Mandara, Vizepräsident der EURO-CIU, der Europäischen Dachorganisation der CI-Selbsthilfegruppen, an die Zeit vor der Implantation. Für den Hobby-Pianisten ist Musik auch ein wichtiges Mittel, seinen Tinnitus zu dämpfen. Zu kurze Elektroden mancher CIs beeinträchtigen die Tonhöhenempfindung, ungünstige Lautstärkekompression schränkte die Dynamik der Musik ein: „Eine Milchglasscheibe würde auch den Blick auf Mona Lisa beeinträchtigen.“

„Wenn ich Klavier spielte, klang das richtig. Wenn ich das aufnahm und später anhörte, erkannte ich das Stück nicht mehr.“ Für Mandara ein Indiz, wie wichtig die Erwartungshaltung beim Musikhören ist. Er beschrieb, wie sich mit zunehmender Übung seine musikalischen Fähigkeiten mit dem CI entwickeln, doch zufrieden ist er bisher damit nicht. So wünscht er sich von den CI-Anbietern frei verfügbares Musiktraining. Dabei ginge es neben der Unterscheidung von Tonhöhen auch um die Wahrnehmung der mit Musik transportierten Emotionen. „Musik sollte für alle CI-Nutzer Teil der Rehabilitation sein. Das würde helfen, nicht nur Sprache, sondern auch andere Geräusche besser zu erkennen.“

Zubehör – einfach und universell

„Die Cochlea-Implantation ist keine Heilung für taube Menschen“, erklärt CI-Nutzer Dennis Selznick, warum er in vielen Situationen auf Zusatzgeräte setzt. Die Vielzahl dieser Werkzeuge, die sich von Hersteller zu Hersteller unterscheiden und manchmal nur sehr spezialisiert einsetzbar sind, ist für viele Nutzer aber verwirrend.

So etwa für Beth Wagmeister und ihre Frau, die beide implantiert sind, doch mit jeweils unterschiedlichen CI-Systemen. Wenn sie mit ihren normalhörenden Kindern zu viert fernsehen wollen, sei das aufgrund der unterschiedlichen auditiven Zugänge kaum möglich: „Wir möchten aber, dass die Welt für CI-Nutzer und die Welt für hörende Menschen dieselbe ist.“

„Es geht darum, Leben zu verändern!“

Sue Archbold, die 15 Jahre lang das Nottinghamer CI-Programm leitete, erzählte von ihrer Nachbarin Rosemary, die mit über 70 Jahren ein Cochlea-Implantat bekommen hat: „Rosemary hat viel um die Ohren: Sie hat Arthritis, eine Makula-Degeneration raubt ihr das Augenlicht und sie hat einen dementen Mann. Ohne Implantate könnten weder sie noch ihr Mann selbständig leben. Und wenn sie mit den CIs Hilfe braucht, klopft sie bei mir an die Tür.“

Hilfe braucht Rosemary öfters: Erscheinen immer kleinere Prozessoren anderen Nutzern als Gewinn, so werden sie für die arthritischen Finger und erblindenden Augen der alten Dame zum Problem. Vielfältige Möglichkeiten verwirren Rosemary: „Wie viele Fernbedienungen brauche ich?“ Die Industrie leiste ihren Beitrag, attestierte Archbold: Der „Kabelsalat“ früherer Systeme sei beseitigt und die Handhabung vereinfacht. Aber sie sieht weiteren Handlungsbedarf.

Archbold forderte aber auch ein passendes Rehabilitationsangebot für CI-Nutzer sowie lebenslange Betreuung und Unterstützung für deren Systeme – andernfalls würden CI-Nutzer ihre Geräte mitunter rasch ablegen. Als engagierte Advokatin für das CI ließ sie auch diese Gelegenheit nicht ungenützt, um auf die relevante Unterversorgung mit Cochlea-Implantaten in vielen Ländern hinzuweisen: „Es geht nicht um Zahlen, sondern darum, Leben zu verändern!“ Betroffene und Familien ermutigte sie zu gemeinsamen Interessensvertretungen, um Regierungen und Sozialanbietern gegenüber für ihre Anliegen einzutreten.

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