EURO-CIU Generalversammlung & Symposium 2022 in Rotterdam

Am 11. und 12. November 2022 trat die EURO-CIU in der holländischen Handelsstadt Rotterdam zu Symposium und Generalversammlung zusammen. CIA hat die wichtigsten Informationen für Sie zusammengestellt.

Die Geschichte der einstigen Getreidebörse geht bis ins 16. Jahrhundert zurück, das aktuelle Gebäude stammt aus der Mitte des letzten Jahrhunderts und wurde kürzlich renoviert. Weiträumig sollte das Gebäude sein und lichtdurchflutet, damit die Qualität des Getreides mit freiem Auge beurteilt werden konnte. Heute ist das Postillion World-Trade-Center Hotel und Konferenzzentrum. Straßenseitig erinnern Geschäftslokale auf zwei Ebenen entfernt an die einstige Nutzung. Im Inneren werden Besprechungsräume unterschiedlicher Größe von verschiedenen Gruppen genutzt; davor meist ein Tisch mit Kaffee und Kuchen und fünf oder sechs Leute angestellt.

Für die über 200 Teilnehmer des EURO-CIU Symposiums reichten die drei großen Buffetwägen in der Halle kaum, in den Pausen bildeten sich lange Warteschlangen. Die Vortragenden über die neuesten wissenschaftlichen Trends und die Herausforderungen bei der CI-Versorgung in ganz Europa waren zum überwiegenden Teil selbst CI-Nutzer oder Angehörige von CI-Nutzern. An der Generalversammlung am nächsten Tag nahmen immerhin noch 40 Personen teil.

Herausforderungen haben sich verändert, Unterversorgung blieb!

Als die europäische Dachgesellschaft 1995 gegründet wurde, sahen sich die damals noch vereinzelten CI-Nutzer in Europa vielfachen Anfeindungen ausgesetzt. Heute vertritt die Dachorganisation 250.000 CI-Nutzer und ist selbst Mitglied bei verschiedenen europäischen und internationalen Organisationen im Bereich Gesundheit und Behindertenrechte. Implantate sind jetzt auch schon für Babys sowie für betagte Senioren möglich. Außerdem haben sich die Anwendungskriterien erweitert. So könnten eigentlich immer mehr Menschen von CIs profitieren. Der Zugang zur Cochlea Implantation hält dem aber nicht stand, nicht einmal im wirtschaftlich starken Mitteleuropa.

Leo de Raeve, Wissenschaftlicher Berater der EURO-CIU, erklärte am Beispiel Belgien: Im Jahr 2016 hatten 6,6 Prozent all jener Erwachsenen, die von einem CI profitiert hätten, auch tatsächlich ein Implantat; 2022 waren es nur 5,7 Prozent. Und das, obwohl in diesem Jahr mehr Implantationen durchgeführt wurden.

Gemeinsam mit anderen europäischen und internationalen Organisationen arbeitet die EURO-CIU an der Etablierung eines definierten und raschen Zugangs zu Cochlea Implantaten für alle, die davon profitieren würden, sowie an minimalen Standards bei der Versorgung und Nachsorge.

Kritiker der Cochlea Implantationen argumentieren mittlerweile auch mit den Kosten für Implantat und Operation – und das, obwohl zahlreiche Publikationen belegen, dass die implantationsbedingte Kostenersparnis für die Betroffenen und die Gesellschaft deutlich überwiegen.

Schwerpunkte der wissenschaftlichen Vorträge

Ein Schwerpunkt beim wissenschaftlichen Symposium war der Zusammenhang des Hörens mit den kognitiven Funktionen: Das sensitive Entwicklungsfenster für die kognitive Fähigkeit des auditiven Sprachverstehens und den Einfluss des Hörens auf die allgemeine Entwicklung bei Kindern, die früheren, erinnerbaren Hörerfahrungen Erwachsener und die möglichen Auswirkungen von Höreinschränkungen auf kognitive Degenerationserscheinungen.

Einseitige Taubheit und deren Folgen wurden anhand einer Studie mit betroffenen Kindern thematisiert sowie die erzielbaren Vorteile bei Implantation auf der tauben Seite. Diese Effekte sind auch auf beidseitige Implantation beidseits tauber Menschen zu übertragen.

Es geht auch um den Arbeitsplatz!

Erstmals in diesem Umfang diskutiert wurde der Zusammenhang Hören, Nichthören und Arbeit: Nicht zu hören beeinträchtigt Menschen nicht nur im privaten Sozialleben, sondern auch deren berufliche Karriere. Offensichtlich ist das bei Telefonisten oder bei Pädagogen, doch auch in den meisten anderen Berufsgruppen ist audioverbale Kommunikation Teil des Arbeitsalltags, oft auch Telefonate.

Die höhere Anstrengung bei audio-verbaler Kommunikation lässt hörbeeinträchtigte Arbeitnehmer schneller ermüden und ist oft sogar die eigentliche Ursache für Burnout-Erkrankungen. Besonders herausfordernd sind dabei Arbeitsplätze im Großraumbüro. Rascher Zugang zu effektiver apparativer Versorgung ist deswegen nicht nur wichtig für eine bessere Karriereentwicklung, sondern oft auch für den Erhalt des aktuellen Arbeitsplatzes und der prinzipiellen Arbeitsfähigkeit.

Andererseits steigt der Anteil hörbeeinträchtigter Arbeitnehmer. Besonders junge Menschen weisen zunehmend Hörschäden auf. Lärmbelastung in der Freizeit ist dafür ebenso verantwortlich wie Lärmbelastung während der Erwerbstätigkeit. Lärmreduktion, Lärmschutz und Lärmpausen sind besonders wichtig! Die EURO-CIU ging mit gutem Beispiel voran: mit einem eigenen Ruheraum während Symposium und Generalversammlung.

Endlich wieder reisen – auch mit (Hör-)Einschränkung

Gemeinsam mit anderen internationalen Organisationen spricht sich die EURO-CIU für die Einführung eines europaweiten Behindertenausweises aus. Diese European Disability Card EDC soll Menschen mit Behinderung auch auf Reisen in ganz Europa Vergünstigungen und Vorteile sichern. Alle bei uns im Behindertenausweis üblichen Informationen sind auf Scheckkartengröße untergebracht: Großteils als sprachunabhängiges Piktogramm, detaillierte Zusatzinformationen sogar über QR-Code als online abrufbare Seite.

In Belgien, Zypern, Estland, Finnland, Italien, Malta, Slowenien und Rumänien ist die Karte schon erhältlich und gültig, Erfahrungsberichten zufolge wird sie auch in Großbritannien anerkannt. In Österreich ist die EDC bisher weder gültig noch kann sie von hier aus beantragt werden. Der Österreichische Behindertenrat setzt sich laut eigenen Angaben dafür ein, dass die EDC auch bei uns anerkannt wird. Die EU-Kommission kündigte an, die EDC bis 2023 auf alle EU-Staaten auszuweiten.

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