Sonderausstellung im AUDIOVERSUM Science Center verschafft der Stimme Gehör
Die individuelle Stimme als akustische Visitenkarte und menschliches Instrument wird im Zusammenspiel zwischen Kehle und Hörvermögen gestimmt. Die aktuelle Ausstellung im AUDIOVERSUM Science Center in Innsbruck nähert sich noch bis Ende Jänner der Vielschichtigkeit der Stimme aus unterschiedlichen Perspektiven.
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass manche US-amerikanischen SchauspielerInnen scheinbar zum Verwechseln ähnliche Stimmen haben? Zum Beispiel Minnie Driver, Sarah Jessica Parker und Robin Wright, die exakt gleich klingen wie die britisch-australische Darstellerin Naomi Watts? Zumindest wenn man deren Filme in deutscher Sprache hört: Die vier werden häufig von derselben Synchronsprecherin synchronisiert, von Irina von Bentheim. Und wehe, Sie lassen sich dann einmal auf eine Folge Sex and the City im Originalton ein. Dann wechselt nämlich nicht nur die Sprache, sondern mit der veränderten Stimme wirkt auch der längst vertraute Charakter von Carrie Bradshaw plötzlich ganz fremd. Ähnlich fremd klingen Stimmen übrigens auch mit einem neu eingestellten Hörsystem.
Doch nicht nur die Stimmen anderer, auch die eigene Stimme ist wesentlich mit unserem Hören verbunden, wie HNO-Ärztin und Phoniaterin Prof. Dr. Doris-Maria Denk-Linnert unlängst erklärte: „Wenn man sich selbst nicht hört, verändert sich automatisch die Stimme.“ Andererseits ist die Stimme als akustische Visitenkarte mitbestimmend, wie wir auf andere wirken. Denn, so weiß Julia Sparber-Ablinger, Leiterin des Science Center AUDIOVERSUM: „Stimmen sind mehr als nur Laute. Sie sind die Ausdrucksmittel unserer Emotionen und Gedanken.“
Um die Stimme geht es auch in der Sonderausstellung „Schau mal wer da spricht“, die noch bis Ende Jänner 2025 im AUDIOVERSUM in Innsbruck zu sehen ist. Sie betrachtet das Zusammenspiel körperlicher Funktionen bei der Stimmbildung. In kurzen Videosequenzen erklärt der renommierte HNO-Arzt und erfahrene Phoniater Prof. Dr. Patrick Zorowka die Biologie der menschlichen Stimme. Doch das ist nur einer der vielen Aspekte, die in der Ausstellung beleuchtet werden.
„Nächster Halt – next stop: Innsbruck Hauptbahnhof!“
Seit 1979 nutzten die ÖBB für ihre Durchsagen Bandaufnahmen mit Chris Lohner als Sprecherin. Ab 2011 erzwang die zunehmend computergesteuerte Organisation des Fahrbetriebs, dass eine künstliche Stimme die Fahrgäste informiert. Das Programm wandelt beliebige Sätze in Sprache um, wie wir das zum Beispiel auch von Navigationssystemen gewohnt sind.
War es die hierzulande ungewohnte, hochdeutsche Aussprache der künstlichen Stimme oder vermissten die Österreicher die beliebte Schauspielerin und Moderatorin: Nach heftigem Protest der Fahrgäste bekam das österreichische Streckennetz ab 2015 Abschnitt für Abschnitt wieder die Stimme von Chris Lohner zurück. Die hat den Computer „trainiert“, indem sie mehrere Wochen lang unzählige Sätze mit insgesamt 10.000 unterschiedlichen Wörtern aufsprach. Daraus kann der Computer nun die Durchsagen so kombinieren, wie die digitale Steuerung es verlangt.
Die BesucherInnen des AUDIOVERSUM treffen Chris Lohner ebenso im Interview wie die beruflichen SprecherInnen Andi Knoll, Ursula Strauss oder das Kabarett-Duo Maschek. Sie lernen die SprecherInnen hinter bekannten Synchronstimmen kennen und der Comiczeichner Erik Norden entführt sie mit Bild und Ton in die Klanglandschaft der Stimme.
Vom ersten Sprachapparat bis zu „Chris Lohner digital“
Neben der Biologie der Sprache und bekannten Persönlichkeiten mit Sprachberufen beschäftigt sich die Sonderausstellung auch mit der Faszination künstlicher Stimmen – vom ersten Sprechapparat aus dem 18. Jahrhundert bis zu modernen Text-To-Speech Funktionen, kurz TTS genannt. Ein solches TTS ist auch das System der Firma Aristech im Deutschen Heidelberg, das den ÖBB die Stimme von Chris Lohner zurückbrachte, wenn auch in digitalisierter Form. Mit dem Audiobeitrag des Soundkünstlers Peter Kollreider kommt auch der künstlerische Anspruch nicht zu kurz.
Es wäre aber nicht das AUDIOVERSUM, würden die Informationen zu all diesen Aspekten nicht auch mit Experimenten und interaktiven Stationen zum Leben erweckt. So lädt ein Nachbau des historischen Sprechapparats von Wolfgang von Kempelen zum Experimentieren ein. BesucherInnen können in der Sprecherkabine selbst Filmausschnitte zu synchronisieren versuchen oder sich an Zungenbrechern erproben, während die jüngeren Gäste ihr eigenes „Bechertelefon“ bauen. Im September lud das AUDIOVERSUM sogar zum Stimmtraining mit Schauspieler, Stimm- und Sprechtrainer Thomas Lackner. Die Ausstellung selbst ist noch bis Ende Jänner zu sehen.
AUDIOVERSUM Science Center
Interaktives Museum rund ums Hören – für alle Generationen
6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 23
Dienstag bis Sonntag (auch feiertags) 10:00 – 18:00 Uhr
www.audioversum.at
Science Center mit Gamification-Faktor
Bei meinem Rundgang durch das Innsbrucker AUDIOVERSUM genieße ich neue Erfahrungen rund ums Thema Hören: unterhaltsame Exponate für Erwachsene und Kinder, Angebote für Kunstinteressierte, mitnehmbare Audioguides und regelmäßige Podcasts.
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