Als Cochlea-Implantat Kind zur Bühnenreife: Wie Sofia mit CI den kleinen Drachen Kokosnuss auf die Bühne bringt

Sofia Weber wurde taub geboren, doch dank beidseitigen Cochlea-Implantaten hört und versteht sie und das schon in drei Sprachen. Im Mai verkörperte die Siebenjährige bei der Musical-Aufführung ihrer Schulklasse die Titelfigur – den kleinen Drachen Kokosnuss.

©Lisa Dorner

„Hier kommt der kleine Drache Kokosnuss!“

Die SchülerInnen der zweiten Klasse Volksschule Inklusion am Bundesinstitut für Gehörlosenbildung (BIG) singen und spielen für ihre Eltern und Geschwister die Geschichte vom „Schulfest auf dem Feuerfelsen“. Zwei Burschen lesen abwechselnd die langen Begleittexte. Mit auf der Bühne steht die siebenjährige Sofia Weber. Sie verkörpert den kleinen Drachen Kokosnuss und leiht ihm ihre helle, klare Stimme.

Kokosnuss hat – anders als seine Artgenossen – kein Geschick fürs Fliegen. „Ich hasse die Klippe“, klagt er nach einem Absturz. „Ich hasse den Feuerfelsen und Fliegen hasse ich sowieso.“ Sofias Stimmfärbung spiegelt Kokosnuss’ Verzagtheit glaubhaft wider. Beim Fest auf dem Feuerfelsen wäre er trotzdem gerne dabei, doch ohne bestandene Flugprüfung droht die Fahrt mit dem Floß.

„Wir haben keine anderen Cochlea-Implantat Kinder gekannt…“

So wie Kokosnuss zu Beginn der Geschichte noch nicht fliegen kann, konnte Sofia zu Beginn ihres Lebens noch nicht hören. Dank Neugeborenen-Hörscreening erfuhren ihre Eltern das bald nach der Geburt. Doch die Geschichte über Nicht-Hören und CI-Hören begann schon fast sechs Jahre früher – mit Sofias älterer Schwester Anastasia.

2013 freuten sich Tatiana und Alexander Weber über die Geburt ihrer Tochter Anastasia. Bald stellten die Ärzte fest: stark eingeschränktes Hörvermögen. Die Kliniker rieten zu einem Cochlea-Implantat. „Aber wir haben keine anderen Kinder mit Implantaten gekannt“, erklärt ihre Mutter. „Wir hatten Angst.“ Erst im Urlaub begegnete die Familie zufällig einem Cochlea-Implantat Kind. „Dann war die Entscheidung sehr schnell bei uns.“

„Bei Sofia haben wir das schon alles gekannt.“

Aus pädagogischer Sicht hat ein Theaterprojekt vielfältige Wirkung: Lese-, Artikulations- und Musikförderung. @Lisa Dorner

Anastasia war fast zwei Jahre alt, als sie beidseits implantiert wurde. „Dann haben wir auf viel, viel Förderung geachtet. Logopädie, tägliche Übungen mit einem Lehrer – das war sehr intensiv“, erinnert sich Tatiana Weber.

Im Juni 2017 kam auch Sofia ohne Hörvermögen zur Welt. „Da haben wir das schon alles gekannt“, sagt ihr Vater. Sofia bekam ihre beiden Cochlea-Implantate schon im Alter von sieben Monaten. Zwei Wochen nach der Operation wurden sie aktiviert – und Sofia hörte. Die kleine Verzögerung in Hör- und Sprachentwicklung holte sie rasch auf, mit weit weniger Förderung.

„Als sie zwei war, hat das schon alles wunderbar funktioniert.“

Frühe Implantation fördert Sprache und Hören

Studien zeigen: Cochlea-Implantat Kinder entwickeln Sprache und Hören oft schneller als normalhörende Kinder – vorausgesetzt, die Implantation erfolgt früh. Später implantierte Kinder brauchen meist mehr Unterstützung und Training, um mit Gleichaltrigen mitzuhalten.

Für die Förderung am BIG-Kindergarten ist Familie Weber dankbar. Heute besucht Anastasia die Mittelstufe einer AHS, Sofia ist Schülerin der Integrationsklasse an der Volksschule, wo sie nun auf der Bühne steht und singt.

„Uns fasziniert, wie gerne die Kinder das machen!“

„Flieg, Kokosnuss, flieg zum Feuerfelsen – das schaffst auch du!“ Mitreißend singen die Kinder. Kokosnuss überwindet schließlich seine Angst und fliegt dank der Hilfe seiner Freunde.

Das Theaterprojekt stärkt Gemeinschaft und Ausdrucksfähigkeit. Pädagoginnen Carolyn Harrison und Katharina Dürrer führen es jedes Jahr mit ihren Klassen durch. „Uns fasziniert, wie gerne die Kinder das machen, gerade in dieser Kombination aus Text und Musik.“

Lesen, Sprechen, sich ausdrücken – all das wird beim Theaterspiel geübt. Besonders für Cochlea-Implantat Kinder sind solche Projekte wertvoll: Sie fördern Artikulation, soziale Kommunikation und Selbstbewusstsein. „Nach der Aufführung haben wir immer das Gefühl, die Kinder sind fünf Zentimeter größer“, lachen die Pädagoginnen.

Doppeltes Happy End mit CI

„Sofia ist sehr selbstbewusst“, sagt ihre Mutter. Vor Publikum zu stehen: „Das ist bei ihr kein Thema.“ Sie kennt Auftritte – beide Schwestern trainieren Rhythmische Sportgymnastik, die Präzision und Rhythmusgefühl erfordert. Ohne Hören wäre das undenkbar.

Auch sprachlich sind beide Mädchen mit drei Sprachen vielen Gleichaltrigen voraus. „Wir sind eine internationale Familie“, erzählt Tatiana Weber. „Russisch war ihre erste Sprache, Deutsch die zweite. Mit Freunden sprechen wir oft Englisch.“

Im Alltag, so Vater Alexander Weber, merke man keinen Unterschied zwischen den Schwestern: „Beide sind sprachlich auf dem gleichen Niveau.“ Dann lächelt er: „Aber bei Sofia hat man das Gefühl, als wäre sie hörend auf die Welt gekommen.“

Vielleicht eine Bühne für die Zukunft

Nach dem Applaus läuft Sofia lachend in die Garderobe, später zu ihren Eltern. Wie sie sich auf der Bühne fühlte? „Gut – aber ein bisschen aufgeregt“, sagt sie.

Ihre Mutter schmunzelt: „Sie singt sehr gerne und würde auch gerne in eine Theaterschule gehen.“ „Jetzt konnte sie es ausprobieren – und es macht ihr Spaß“, ergänzt der Vater.

Wer weiß – vielleicht wird Sofia eines Tages Österreich beim Eurovision Song Contest vertreten.

CI-NutzerInnen und deren Familien kennen lernen 

Eine verantwortungsvolle, informierte Entscheidung bezüglich einer Operation, besonders wenn es um ein unmündiges Kind geht, will gut überlegt sein. Dazu gehören fachliche Informationen. Aber auch Kontakt zu erfahrenen Betroffenen und Austausch mit ihnen und ihren Familien ist hilfreich. Besonders, wenn eine rasche Entscheidung wesentliche Vorteile bringt – wie beim Hören. 

CIA bietet dazu Möglichkeit: zu den meisten CIA-Treffen kommen ertaubte und implantierte Erwachsene, bei den CIA Summer Days oder über den CIA-Kontakt „Kinder und Jugendbetreuung“ können Sie CI-Kinder und deren Eltern kennenlernen. Infos auf www.ci-a.at/team und summerdays@ci-a.at.

Alternativ stehen bei den HörberaterInnen auf www.hoerverlust.at Betroffene und Eltern zum persönlichen Erfahrungsaustausch zur Verfügung.

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Alles auf einen Klick! hoerverlust.at bietet Betroffenen und Angehörigen umfassende Informationen und Kontaktmöglichkeiten zu allen Bereichen, die Sie auf dem Weg zum Hören benötigen. Mehr zum informativen Wegbegleiter vom ersten Verdacht bis zur optimalen Versorgung finden Sie hier!

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