Puppen, Plüschtiere und Figuren mit Cochlea-Implantat
In Wien bietet ein Spielzeuggeschäft Puppen und Spielfiguren mit Hörgeräten und Cochlea-Implantaten. Bestehende Puppen und Stofftiere können mit Audioprozessoren aus dem 3D-Drucker nachbestückt werden, und das alles sogar per Postversand.
Die breit gepflasterte Bruno-Marek-Allee im Wiener Nordbahnviertel mit den akkurat aufgereihten Jungbäumen wird von Bürogebäuden mit ebenerdigen Geschäftslokalen gesäumt, dahinter streben Wohnblocks gen Himmel. In einer Auslage auf halber Länge aber stapeln sich Spiele- und LEGO-Schachteln. Das Wilde Böckle hebt sich sehr lebendig vom aufgeräumten Erscheinungsbild des Boulevards ab. Ursprünglich dachte ihr Gatte an ein Café, als er die Politikwissenschaftlerin Rafaela Kathan-Kupfner auf das freie Geschäftslokal aufmerksam machte. Doch der dreifachen Mutter war rasch klar: „Hier braucht es kein Café, hier braucht es ein Spielzeuggeschäft!“
Geworden ist daraus eine dichte Mischung aller Zutaten, die es für einen unterhaltsamen Eltern-Kind-Nachmittag braucht: Eine lange, L-förmige Regalfront, dicht gefüllt mit unzähligen Schachteln mit Spielen und Bausätzen; davor Kartons mit Puppen mannshoch aufgetürmt. Außerdem Ständer mit Kinderkleidung, ein Kletterturm, eine Schütte mit LEGO-Figuren. Hinter dem Kassapult ein 3D-Drucker und eine Kaffeemaschine, darüber ein Schild: „Relax! Nothing under control.“ – „Entspann‘ dich! Nichts unter Kontrolle.“ Einen Platz für Entspannung bietet die Fensterbank an der hinteren Glasfront, mit weichen Sitzpolstern und zwei Klapptischchen.
Puppen, in denen sich Kinder selbst sehen können
Der Ständer mit den Puppenkartons steht so seitlich im Geschäft, wie das Herz im menschlichen Körper etwas seitlich liegt. „Uns war wichtig, dass unsere Puppen ungiftig sind, ohne Weichspüler“, erklärt Kathan-Kupfner. Auf die Produkte von Miniland trifft das zu, und sie sind obendrein divers und inklusiv. „Es ist wichtig, für die Kinder Puppen zu bieten, in denen sie sich selbst sehen können“, ist Mika Perner, Praktikant im Wilden Böckle, überzeugt. Seine Chefin weiß, wie wichtig es den meisten Eltern ist, dass zumindest die Hautfarbe der Puppe jener des Kindes entspricht. Sie schmunzelt: „Und die meisten Firmen, die wir führen, haben pädagogischen Anspruch. Da tröpfeln Diversität und Inklusion jetzt überall ein.“
Am Markt wird Diversität tatsächlich immer wichtiger. Gleich zwei Puppenhersteller in Spanien haben sich dabei auch des Themas Cochlea-Implantat angenommen: Neben den Puppen von Miniland gibt es auch eine 35 Zentimeter große Nenuco Babypuppe mit CI. 2022 nahm der US-amerikanische Firmengigant Mattel in Folge der hohen Kundennachfrage in seiner Fashionista-Serie eine Barbie-Puppe mit rosa Hörgeräten auf. Konkurrent Lottie Dolls stellte schon 2017 Mia vor, eine 9-jährige Tierfotografin mit CI. Und auch Stoffpuppen und Kuscheltiere gibt es mit Hörgerät oder Cochlea-Implantat: zum Beispiel den Elefanten Mellie von MED-EL oder Bär, Katze, Fuchs, Affe oder Pferd im deutschen Bajula-Shop.
Selbst der dänische LEGO-Konzern zieht mit seinen Minifiguren mit: Nachdem 2016 erstmals ein Bub im Rollstuhl das Thema Inklusion bei den Bausteinsets eröffnete, folgte bald auch eine Figur mit aufgemaltem Hörgerät am Stadtplatz von LEGO-City. Das Set ist mittlerweile zwar aus dem Sortiment gestrichen, doch das Jahr 2014 schenkte den LEGO-Fans dafür drei andere Figuren zum Thema Hören: Die Hundefriseurin mit Cochlea-Implantat ist schon wieder nur in Restbeständen im Einzelhandel erhältlich. Sie war eine von zwölf Minifiguren der Sammelserie 25 vom Jänner 2024 – seit September wird die danach aktuelle Serie 26 von Serie 27 abgelöst. Doch der Rettungssanitäter Luiz, der mit dem Heartlake City Rettungswagen unterwegs ist, trägt ebenso sein Cochlea-Implantat in die heimischen Kinderzimmer wie der Kunde des Burger-Truck.
Die Cochlea-Implantate und das Wilde Böckle
Wenn LEGO-Rettungswagen oder Burger-Truck im Wilden Böckle gerade nicht auf Lager sind, bestellt die Chefin sie auf Anfrage gerne nach. Außerdem gibt es hier auch die Barbie-Fashionista. „Das sind die Barbies mit normaler Figur, und auch mit Pickeln oder eben mit Hörgerät“, erklärt Shop-Betreiberin Kathan-Kupfner. Gezielt bestellen kann sie die einzelnen Modelle der Serie aber nicht.
Bei den Puppen von Miniland geht das. Nach längstens drei Wochen ist jede gewünschte Puppe im Geschäft verfügbar. Es gibt sie in vier Größen, Mädchen und Buben unterschiedlicher Ethnien, Babys und Kleinkinder. Jene mit Brille, Hörgerät, CI oder anderen Besonderheiten sind 38 Zentimeter groß. Im Spielzeuggeschäft lächelt uns auf Augenhöhe ein hellhäutiges Mädchen mit einem CI entgegen. „Mit dem Cochlea-Implantat haben wir beim Wilden Böckle eine enge Verbindung“, erzählt die Inhaberin. Der erste Mitarbeiter, ein Freund der Familie, hat vor zehn Jahren bei einem schweren Kletterunfall sein Hörvermögen verloren und hört jetzt mittels CI.
Die Miniland CI-Puppe im Regal des Wilden Böckle ist sogar eineiiger Trilling – die beiden Schwestern stehen etwas tiefer ums Eck. Denn wenn Kathan-Kupfner ein spezielles Puppenmodell bestellt, schickt Miniland immer mindestens sechs Exemplare davon. Die Geschäftsfrau muss dann hoffen, dass sich für die siamesischen Geschwister genügend InteressentInnen finden werden. „So ist bei uns die Idee entstanden, dass wir die Cochlea-Implantate auch selbst drucken“, erzählt die Geschäftsinhaberin, wie sie und ihr Team einfachere Puppen mit Hörgerät oder CI ergänzen.
3D-Druck für Ersatzteile und Ergänzungen
Der 3D-Drucker im Wilden Böckle war ursprünglich für die Nachproduktion kaputter oder verloren gegangener Teile von Spielen und Spielzeug gedacht. Bedient wird er jeden Dienstag und Freitag von Frank Schwenk, Tischler und Architekt. Wenn es kein gleichartiges Teil als Vorlage gibt, reicht für Schwenk auch ein Foto oder eine Zeichnung, um das sogenannte Modelling für den Drucker durchzuführen. Die Arbeitszeit für dieses Modelling verursacht auch 98 Prozent der Kosten solcher 3D-Druck-Produkte. Ein Glück, dass die Modelle für CI-Audioprozessoren und für Hörgeräte schon fertig sind: „Wir haben einmal für eine Therapeutin Hörgeräte für ihre Puppen gedruckt“, weiß auch der Praktikant. Jetzt kann Schwenk diese Vorlage relativ einfach an die jeweils gewünschte Größe anpassen.
Produziert wird aus PLA – polylactic acid, auf Deutsch: Polylactide, umgangssprachlich auch Polymilchsäuren genannt. Das sind Polyester-Kunststoffe aus regenerativen Grundstoffen, in diesem Fall Maisstärke, die auch in verschiedenen Farben zur Verfügung stehen. Die Druckteile sind zwar jeweils einfärbig, doch da Audioprozessor und Sendespule getrennt produziert und dann verklebt werden, können sie in unterschiedlichen Farben angefordert werden. Ob sie dann wie das Puppengewand an- und abgelegt werden können oder fix mit der Puppe verklebt werden, ist Entscheidung der Eltern – und sollte entsprechend Alter und Entwicklungsstand des spielenden Kindes entschieden werden.
Ein 3D-gedrucktes Hörgerät oder Prozessor für Puppe oder Stofftier kostet je nach Größe fünf bis zehn Euro. Und wenn die Puppe in Dornbirn zuhause ist? „Kein Problem, wir schicken das auch gerne zu. Das haben wir schon öfter gemacht“, beruhigt die gebürtige Vorarlbergerin Kathan-Kupfner. Das gilt übrigens auch für die Miniland-Puppen aus dem Sortiment des Wilden Böckle. Bei ihnen ist der Audioprozessor zur Sicherheit fest über dem Ohr fixiert.
Wildes Böckle – Spielwaren und 3D-Reparaturen
Bruno-Marek-Allee 22, 1020 Wien
Web: www.wildesboeckle.at
E-Mail: hello@wildesboeckle.at
Tel: +43/660/625-25-81
LEGO-Figuren mit CI
Puppen mit CI
- Miniland – Dolls with functional diversity
- Nenuco – funktionale Babypuppe mit CI
- Mia – Fashionista von Lottie Dolls
Audiospielzeug hilft bei der Hörrehabilitation
Moderne Streaming-Technologien bei Cochlea-Implantaten ermöglichen es, gezielt das Hören mit nur einem implantierten Ohr zu üben. Das Team am Universitätsklinikum St. Pölten zeigt, wie mit Audiospielzeug auch Kinder zuhause zuverlässig und erfolgreich üben können.
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