Mit Cochlea-Implantat beim Sport und im Beruf
Nicht aufgeben, scheinbar unüberwindbare Hürden bezwingen und mit Fleiß ans Ziel kommen, das ist das Erfolgsrezept der einseitig ertaubten Triathletin Isabella.
Carmen Kronawettleitner

Im Babyalter erkrankte die heute 22-jährige Isabella an einer Gehirnhautentzündung. In Großbritannien, wo sie damals mit ihren Eltern lebte, wurde ihr Gehör danach nur im Freifeld getestet und keine Auffälligkeit festgestellt. Erst bei der Einschulung bemerkte ihre Lehrerin ein Hörproblem, das sich nach genaueren Messungen als hochgradige Schwerhörigkeit am rechten Ohr entpuppte. Eine CROS-Versorgung brachte wenig Besserung, doch Isabella kämpfte sich trotz ihres Hörnachteils erfolgreich durch die Schulzeit.
Ihre eigene Krankengeschichte weckte Isabellas Interesse an der Medizin und beflügelte sie, nach einer Lösung für ihren Hörverlust zu suchen. Doch Besuche bei mehreren HNO-Ärzten in Wien, wo sie mittlerweile lebte, endeten immer mit dem gleichen entmutigenden Ergebnis: Die Cochlea war bereits zu stark verknöchert und keiner der Chirurgen war bereit, das Risiko einer erfolglosen Cochlea-Implantation einzugehen.
Christian Doppler Labor an der Medizinischen Universität Wien als Gamechanger

Beim Schwimmen in offenen Gewässern befürchtet Isabella, ihren Audioprozessor im Wettkampf zu verlieren. ©Adobe Stock
Als junge Medizinstudentin mühte sich Isabella durch ihr erstes Praktikum, mit allen Nachteilen, die ein einseitiges Hören im Krankenhaus, teilweise mit Maske, mit sich brachte. Ihr Interesse an modernen Hörtechnologien führte sie zur Eröffnung des Christian Doppler Labors für Innenohrforschung an der Medizinischen Universität Wien, bei der die Granden der Cochlea-Implantation referierten. Auch MED-EL Gründerin Ingeborg Hochmair war darunter, die eine spezielle Elektrode für die verknöcherte Cochlea erwähnte.
So fasste Isabella ihren Mut zusammen, sprach Dr. Hochmair auf diese Elektrode an und wurde umgehend dem Vorstand der HNO-Abteilung am AKH Wien vorgestellt. Primar Wolfgang Gstöttner wagte sich an den Fall und setzte der mittlerweile 20-Jährigen ein CI mit kurzer Elektrode ein.
Fleiß und Ausdauer beim Hörtraining machten Isabellas nächstes Praktikum in einem Spital zu einer interessanten und vor allem deutlich weniger anstrengenden Berufserfahrung als im Jahr davor.
Überraschend zur WM
Fleiß und Ausdauer zeichnen die Medizinstudentin auch in ihrer Freizeit aus. Schon als Kind mochte sie das Laufen, Radfahren und Schwimmen. Was lag also näher, als einem Triathlon-Verein beizutreten, in dem sie alle drei Sportarten in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten ausüben konnte, noch dazu mit dem neugewonnenen Richtungshören, das ihr das beidseitige Hören ermöglichte?
Also schloss sie sich dem Triathlon-Verein GoZebra in Wien-Währing an, wo sie auf eine Trainerin traf, die mit Isabellas Hörbeeinträchtigung gut umgehen konnte und sie entsprechend förderte; und zwar so gut, dass Isabella sich überraschend für die Triathlon Altersklassen WM 2024 im spanischen Torremolinos für die Sprintdistanz, also 750 Meter schwimmen, 20 km Rad fahren und 5 km laufen, qualifizierte.
Am 17. Oktober 2024 war der große Tag der Entscheidung gekommen. „Ich war froh und stolz, das Rennen geschafft zu haben“, erinnert sich Isabella zurück. „Ich bin zuvor noch nie bei einem Wettbewerb im Meer mit seinen hohen Wellen geschwommen. Vom Schwimmen war ich ziemlich erschöpft, habe aber für das Radfahren und Laufen meine Kräfte wieder gesammelt. Ich wollte es unbedingt ins Ziel schaffen“, erzählt sie von ihrem Wettkampf in der Altersklasse „Frauen 20-24 Jahre“ weiter. Das gelang ihr erfolgreich, und auch wenn es für eine Topplatzierung nicht gereicht hatte, war die Hobbyathletin zu Recht zufrieden mit ihrer Leistung.
Nicht ohne mein CI – außer im Wettkampf
Den Wettkampf, in dem jede Sekunde zählt, bestritt sie aus mehreren Gründen ohne Cochlea-Implantat. Das Aufsetzen, Abnehmen und sichere Verstauen des Prozessors bei den Übergängen zwischen den Sportarten hätte sie zu viel Zeit gekostet, und beim Schwimmen im Meer befürchtete sie, den Prozessor zu verlieren. „Beim Schwimmen will ich mich zu 100 Prozent auf das Navigieren fokussieren. Zusätzlich auf den Prozessor aufzupassen, würde mich zu sehr ablenken.“
Besonders beim Radfahren erlebte sie den Wettkampf ohne CI als Nachteil, da sie nicht immer hörte, wenn sie von Offiziellen angesprochen wurde. So wusste sich auch nicht, ob sie eine Zeitstrafe ausgefasst hatte, die es für manche Fehlverhalten gibt. Das Nachfragen kostete sie wertvolle Minuten, denn im Gegensatz zu Wettbewerben in Österreich standen die Strafen für die StarterInnen nirgendwo angeschrieben.
Wie sie bei zukünftigen Wettkämpfen auf ihre Hörbeeinträchtigung aufmerksam machen und brenzlige Situation vermeiden will, weiß Isabella bereits. „Für das Radfahren überlege ich mir, ein Oberteil oder eine Jacke anfertigen zu lassen, auf der steht, dass ich nicht gut höre. Denn manchmal überhöre ich es, wenn jemand klingelt oder mir von hinten zuruft, dass er überholen möchte.“
Nach der Weltmeisterschaft ist vor der Europameisterschaft
Als Amateursportlerin trainiert Isabella 10 bis 15 Stunden pro Woche, aufgeteilt auf zwei bis drei Einheiten täglich. Obwohl Triathlon als Individualsportart gilt, genießt sie das Vereinsleben und das Gemeinschaftsgefühl, das sie mit dem CI jetzt noch intensiver erlebt.
Die nächste WM in Australien ist für die junge Studentin keine Option, zu groß ist die finanzielle Belastung, die sie als Athletin selber stemmen muss. Daher bereitet sie sich nun auf die Qualifikation zu den Europameisterschaften vor, die 2025 in Istanbul stattfinden.
Ihr großer Wunsch für das kommende Sportjahr? Das Medizinstudium und den Amateursport unter einen Hut zu bekommen und auszutesten, wie weit sie es im Triathlon schaffen kann.
Das gehört.gelesen Team wünscht Isabella dafür alles Gute und weiterhin so viel Ausdauer, Fleiß und Erfolg!

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