CI Nutzer wissen: Dankbarkeit macht glücklich!

Dankbarkeit, klassische Tugend der Philosophie und Theologie, wird in der Positiven Psychologie gegen Depressionen und Burnout eingesetzt und in der Medizin entdeckt man ihre herzstärkende und entzündungshemmende Wirkung.

Über die Dankbarkeit sagt der Philosoph André Comte-Sponville, sie „freut sich über das, was war oder ist: Sie ist also das Gegenteil des Bedauerns oder Nach­trauerns“ und eine Hilfe „gegen die Angst vor dem, was sein könnte.“ Philosophie, wörtlich übersetzt: „Liebe zur Weisheit“, versucht, Welt und menschliche Existenz zu ergründen, zu verstehen und zu deuten – auch mit der Frage nach einem „guten Leben“.

So soll Dankbarkeit schon im ersten Jahrhundert vor Christus für den römischen Politiker und Philosophen Marcus Tullius Cicero „die Mutter aller Tugenden“ gewesen sein. Der 1955 geborene Comte-Sponville widmet der Dankbarkeit ein ganzes Kapitel seines Buchs „Ermutigung zum unzeitgemäßen Leben“.[1] Die Lehre des früheren Professors an der Sorbonne in Paris, für seine Religionskritik und sein Bekenntnis zum Atheismus bekannt, deckt sich dabei auch mit den Weisungen der großen Weltreligionen.

Dankbarkeit macht glücklich und gesund

Der englische Philosoph Francis Bacon sagte: „Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“ Wissenschaftliche Studien belegen, dass dankbare Menschen physisch und psychisch gesunder sind, glücklicher und höhere Lebensqualität genießen.[2] „Dankbare Menschen erholen sich schneller von Traumata und Verletzungen“, erklärt Neurowissenschaftler Glenn Fox. Dankbarkeit reduziere Stress und Schmerz, sie stärke das Immunsystem, senke den Blutdruck und verbessere die Herzfunktion.

Als Teil der positiven Psychologie werden Dankbarkeit, ihr Ursprung und ihre Wirkung erst seit der letzten 25 Jahre umfangreicher wissenschaftlich erforscht. Ein kurzeitiges Gefühl von Dankbarkeit kann zwar wenig bewirken. Die Studien belegen aber, dass Dankbarkeit als längerfristige Einstellung sich positiv auf Entzündungen und auf Blutgefäße auswirkt. Auch Hämoglobin HbA1c, ein Biomarker für Blutzucker, zeige den positiven Einfluss von Dankbarkeit. Zudem nehmen dankbare Menschen auch leichter ärztlichen Rat an und damit auch einen gesunden Lebensstil.

Dankbarkeit fördert aber auch das psychische Wohlbefinden, schützt vor Stress, Depressionen und Burnout; und sie fördert zahlreiche soziale Fähigkeiten. Der US-amerikanische Psychologe Robert Emmons ist überzeugt: Wer dankbar sein kann, ist „fähig zu staunen und das Leben zu feiern.“ Dass Dankbarkeit zusätzlich die Geldbörse schont, liegt an der größeren Zufriedenheit dankbarer Menschen: Sie entwickeln weniger kommerzielle Bedürfnisse.

Dankbarkeit – Tugend, Gefühl oder Verhaltensweise?

Dabei ist Dankbarkeit nicht eindeutig definiert. Robert A. Emmons, Professor für Psychologie an der Universität von Kalifornien in Davis, beschreibt Dankbarkeit als zweistufige Erkenntnis, dass etwas gut ist und eine externe Ursache hat.

Der 95-jährige Benediktinermönch und Buchautor David Steindl-Rast aus Salzburg vergleicht den Weg zur Dankbarkeit mit dem Überqueren einer Straße: Innehalten-Schauen-Handeln. Innehalten verbindet er mit dem Moment der Überraschung und des Staunens. Unter Handeln versteht er Anerkennung und Dank ebenso, wie jede Aktivität, die aus solcher Dankbarkeit entsteht.

Andrea Hussong, Psychologin und Neurologin der Universität in North Carolina, unterteilt sogar in vier Schritte: Das Wahrnehmen dessen, wofür wir dankbar sein können; die Überlegung, warum wir beschenkt wurden; das Empfinden der Dankbarkeit und als letzten Schritt den Ausdruck dieser Dankbarkeit in Form einer Handlung.

Wenn Dankbarkeit wie bei Steindl-Rast oder Hussong in eine Handlung mündet, seien es entsprechende Worte oder Taten, so wundert es nicht, dass Soziologen der Dankbarkeit auch positive Wirkung auf Beziehungen und Gesellschaft zuschreiben. Den Ausdruck der Dankbarkeit anderer zu erleben, ist – neben kulturellen und religiösen Traditionen – einer der Wege, selbst eine dankbare Einstellung zu entwickeln.

Die Kehrseite der Dankbarkeit

„Das Gefühl schuldiger Dankbarkeit ist eine Last, die nur starke Seelen zu ertragen vermögen“, so die österreichische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. Erleben Menschen einen gesellschaftlichen Druck Dankbarkeit auszudrücken, verliert diese ihre positive Bedeutung. Dankbarkeit als eine Art „Währung“ kann Beziehungen schwer belasten. Wer regelmäßig auf Hilfe angewiesen ist, kann Scham entwickeln und Frustration über die Einseitigkeit dieser Abhängigkeit.

Zudem neigen wir alle dazu, negative Erfahrungen deutlicher wahrzunehmen und dauerhafter zu erinnern: Sogar Erwachsene erinnern sich häufiger an Situationen, in denen sie sich ihren Geschwistern gegenüber benachteiligt fühlten, als an Momente, in denen sie bevorzugt behandelt wurden. Wissenschaftler sprechen von einer „Asymmetrie von Gegenwind und Rückenwind“, Englisch: headwinds/tailwinds asymmetry. Neidischen Menschen und materialistisch oder egozentrisch eingestellten Menschen fällt es besonders schwer, dankbar zu sein.

Den Muskel Dankbarkeit trainieren

Der Neurowissenschaftler Glenn Fox beschreibt Dankbarkeit: „…wie ein[en] Muskel, wie eine trainierte Reaktion oder eine Fähigkeit, die wir im Laufe der Zeit entwickeln können.“ Rituale wie jenes in der Parabel mit den Bohnen können dabei helfen. Besonders beliebt, auch als therapeutische Intervention, ist das Dankbarkeitstagebuch: Täglich oder wöchentlich werden drei bis fünf Erfahrungen oder Geschehen notiert, für die man dankbar ist. In manchen Varianten wird zusätzlich überlegt, was jeweils zu diesen Erfahrungen geführt hat; in anderen, wie das Leben ohne sie wäre. Kommerzielle Angebote wie das 6-Minuten-Tagebuch von Dominik Spenst verbinden mitunter klassisches Dankbarkeitstraining mit weiteren Aspekten der Positiven Psychologie.

Die Psychologin Araceli Frias und ihre Kollegen von der Washington University schlagen vor, über den eigenen Tod zu reflektieren: „Weil unsere grundlegende Existenz ein konstantes Geschenk ist, an das wir uns zu leicht gewöhnen, sodass wir es als selbstverständlich hinnehmen.“ Auch Meditation oder Danksagung im religiösen Gebet können unterstützen; ebenso wie die profane Gepflogenheit von Dankesbriefen oder Dankbesuchen.

Seinen Dank direkt und real an die entsprechenden Mitmenschen zu richten, erfordert vielleicht mehr Mut, belohnt aber neben der positiven Auswirkung auf uns selbst mit zusätzlich förderlichen Effekten auf unsere Beziehungen. „Wir sind für nichts so dankbar wie für Dankbarkeit“, gestand schon Marie von Ebner-Eschenbach.

„Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“
Francis Bacon

[1] Ermutigung zum unzeitgemäßen Leben: Ein kleines Brevier der Tugenden und Werte; Hardcover, André Comte-Sponville, Rowohlt 1996, ISBN: 978-3498009113

[2] The Science of Gratitude, A white paper prepared for the John Templeton Foundation by the Greater Good Science Center at UC Berkeley, Summer Allen, Ph.D., 2018 https://ggsc.berkeley.edu/images/uploads/GGSC-JTF_White_Paper-Gratitude-FINAL.pdf

Eine Eins für dankbares Staunen

Semesterende bedeutet Zeugnisverteilung. In der Verbalbeurteilung mag sich im Fach Religion bei manchem Schüler der Eintrag „kann staunen“ finden. Dankbares Staunen gehört in allen großen Religionen zu den wesentlichen Merkmalen der Glaubensausübung.

In christlichen, buddhistischen, moslemischen, jüdischen und hinduistischen Traditionen wird Dankbarkeit als wertvolle menschliche Neigung gesehen, in wissenschaftlichen Studien als universelle religiöse Haltung beschrieben. Auf die abrahamitischen Religionen bezogen: In der jüdischen Weltsicht kommt alles von Gott, weswegen Dankbarkeit ein zentraler Aspekt religiöser Haltung ist. Dankgebete sind Teil der täglichen Rituale im Judentum und auch in den Psalmen enthalten – Teil jener religiösen Schriften, die später vom Christentum übernommen wurden.

Auch im Christentum sind Dankgebete wesentlicher Bestandteil. Der deutsche Augustinermönch und spätere Reformator Martin Luther nannte Dankbarkeit sogar „die wesentliche christliche Haltung“. Im katholischen Christentum wird die zweite Hälfte der Messfeier mit dem griechischen Wort Eucharistie bezeichnet, zu Deutsch: Danksagung.

Auch der Koran, das Heilige Buch der Moslems, ruft zum Beispiel in Sure 14 zur Dankbarkeit auf. „Die ersten, die ins Paradies gerufen werden, sind die, die Gott in jeder Lebenslage gepriesen haben“, verspricht ein Sprichwort, und eine Weisung des Propheten Mohammed mahnt: „Wer den Menschen nicht dankt, der dankt auch Allah nicht.“

Ein berührendes Hörgespräch mit Dompfarrer Toni Faber passend zum Thema finden Sie auf https://www.hoerenbewegt.at/hoergespraech/20-toni-faber/

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