Cochlea Implantat sichert Arbeitsplatz und beugt Burnout vor

Höreinschränkungen haben vielfältige Auswirkungen auf Aus- und Weiterbildung sowie im Berufsalltag: Es drohen erhöhtes Risiko zu Burnout und Jobverlust. Rechtzeitige Hörversorgung, passende Hilfsmittel und einfache Vorsichtsmaßnahmen können gegensteuern.

„Wenn in der Klasse ein Kind sprach, wusste ich nicht mehr, woher das kommt“, beschrieb der ehemalige AHS-Professor Mag. Peter Kmetyko im gehört.gelesen-Interview, wie sein einseitiger Hörverlust im Unterricht „immer peinlicher“ wurde. Nicht nur für pädagogisches Personal und BerufsmusikerInnen ist gutes Hörvermögen wichtig – letztlich gibt es kaum Erwerbsmöglichkeiten, bei denen nicht zumindest fallweise ein Telefonat mit der Kundschaft, Kollegschaft oder mit Vorgesetzten nötig wird.

Mark Laureyns drückte als Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO und des World Hearing Forum WHF diese Herausforderungen in seinem Vortrag am Symposium der EURO-CIU im November 2022 in Rotterdam in Zahlen und Fakten aus: Schlechtere Ausbildung, erschwerter Einstieg in den Arbeitsmarkt, schlechtere Karrierechancen sowie ein höheres Risiko für Arbeitslosigkeit und frühzeitige Pensionierung für hörbeeinträchtigte Menschen.[1] Alarmierend, doch nicht neu: Schon 2010 präsentierte CIA-Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Baumgartner in seiner Arbeit zur Kostenanalyse der Cochlea Implantation[2] ganz ähnliche Zahlen.

Weniger bekannt sind die Erkenntnis über den Zusammenhang Hörvermögen, Arbeitssituation und Burnout, die Laureyns ebenfalls präsentierte: Hörprobleme erhöhen das Risiko zu einem Burnout; Die Arbeit in einem Großraumbüro verschärft diese Gefahr. Passende Hörgeräte oder -implantate, eine ruhigere Arbeitsumgebung und Hörpausen können entgegenwirken.

Burnout – keine Erkrankung, aber auch kein gesunder Zustand

Stress und mangelnde Erholung, gepaart mit einer schwierigen Arbeitssituation – diese Kombination führt bei immer mehr Menschen zum Burnout. Als allgemeines Gefühl der Überlastung führt es zu Erschöpfung und verringerter Leistungsfähigkeit. Burnout[3] gilt nicht als Krankheit im engeren Sinn, die Symptome und Beschwerden müssen aber dringend ernst genommen werden: Burnout kann ernsthafte soziale, körperliche und psychische Beeinträchtigungen mit sich bringen.

Deswegen werden Ursachen und Auslöser zurzeit auch intensiv beforscht. Dabei kam eine Studie[4] in Schweden schon 2011 auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen Hörproblemen und Burnout-Symptomen. In einer aktuellen Studie am Thomas More University of Applied Sciences in Belgien fanden Laureyns und seine Kollegen einen Zusammenhang von Burnout-Symptomen mit Problemen bei Lärmakzeptanz, Sprachverstehen im Störschall, Hörkonzentration und Tinnitus.

Großraumbüros: schlecht fürs Zuhören und schlecht fürs Weghören

In diesem Zusammenhang erwähnte Laureyns auch die Problematik von Großraumbüros, nicht nur für hörbeeinträchtigte Menschen: Der gehobene Pegel der Hintergrundgeräusche in Großraumbüros führt zu schlechterem Sprachverstehen und verlangt erhöhte Konzentration bei Gesprächen. Er verlangt aber auch erhöhte Konzentration, will man sich nicht von den Gesprächen anderer ablenken lassen.

Auch normalhörende MitarbeiterInnen müssen im Großraumbüro bewusst Geräusche um sich herum ausblenden, um sich auf ihre Arbeit konzentrieren zu können.[5] Der französische Philosoph Denis Diderot nannte das den „Vierten Vorhang“ bzw. die „Vierte Wand“: Drei Vorhänge bzw. Wände trennen im Theater die Bühne vom Zuschauerraum. Wenn alle drei hochgezogen sind, sieht der Zuschauer die SchauspielerInnen. Diderot empfahl den KünstlerInnen, dass sie „sich eine riesige Wand vor der Bühne vorstellen sollten, die sie vom Publikum trennt, und sich genau so verhalten sollten, als wäre der Vorhang nie aufgegangen.“

Besonders für hörbeeinträchtigte ArbeitnehmerInnen sind kleinere Büros vorteilhafter. Dort ist in beiden Situationen weniger Konzentration nötig: Beim Zuhören und wenn man nicht gestört werden möchte. Das vermeidet Stress und reduziert das Burnout-Risiko.

Schwerhörig: 6 Maßnahmen, einem Burnout vorzubeugen

  • Rechtzeitige Hörversorgung hilft bei Hörverlust, den Arbeitsplatz abzusichern.
  • Mit der Hörhilfe in Kombination sind auch verschiedene Hilfsmittel verfügbar, um die Kommunikation weiter zu vereinfachen: beispielsweise AudioStream beim Telefonieren oder AudioLink als Remote-Mikrofon bei Besprechungen.
  • Hörprobleme sofort und klar ansprechen: Wer Probleme beim Verstehen schamhaft versteckt, riskiert Missverständnisse und unterbindet, dass die Kollegenschaft Rücksicht nehmen kann.
  • Kleinere Büros und Arbeitsgruppen sowie lärmreduzierte Räume machen die Kommunikation einfacher. Oft helfen schon Vorhänge oder zusätzliche Möbel.
  • Arbeitspause und Feierabend bewusst auch für Hörpausen nutzen
  • Berufe und Stellen mit erhöhten Anforderungen an Kommunikation mit Bedacht wählen

[1] World report on hearing, World Health Organization 2021, ISBN 978-92-4-002048-1 & 978-92-4-002049-8

[2] “Cochlea Implantation. Eine Ökonomische Analyse“, Baumgartner W.D. 2010

[3] https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/psyche/burnout.html

[4] “Stress and prevalence of hearing problems in the Swedish working population”, Hasson et al., BMC Public Health, 2011 Feb 23; 11:130, doi: 10.1186/1471-2458-11-130

[6] “The Truth About Open Offices”, E. Bernstein, B. Waber, Harvard Business Review, Nov.-Dec. 2019, https://hbr.org/2019/11/the-truth-about-open-offices

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