Mit CI im Lockdown
Ausgerechnet mitten in der Corona-Krise vermutet Tahlita in Südafrika den besten Tag ihres Lebens. Mutter Bianca Birdsey erzählt, wie es dazu kam.
„Zu Beginn der Pandemie bin ich mitten in der Nacht aufwacht mit der Erkenntnis, dass bald jeder MNS-Masken tragen muss“, beginnt Bianca Birdsey ihren Rückblick auf ein Jahr Corona. „Was würde das für die schulische Inklusion meiner hörbeeinträchtigten Kinder bedeuten?“ Hadassah, Tahlita und Eden waren kurz zuvor an eine Regelschule gewechselt.
Der Lockdown kam und die damit verbundenen Herausforderungen. „Wir haben die Kinder von Anfang an eingebunden in unsere Experimente mit unterschiedlichen Masken, FM-System, verschiedenen Stimmen, Gebärdenunterstützung – was würde am besten für sie funktionieren? Die Kinder haben die Experimente genossen und dabei auch gelernt, wie man Probleme lösen kann.“
Tatsächlich „Social Distancing“
Die Familie nützte den Fernunterricht auch, um beim schulischen Wissen weiter aufzuholen. „Am ersten Tag nach dem Lockdown kamen unsere Kinder besser vorbereitet in die Schule zurück als die meisten anderen Kinder ihrer Klassen: ein großartiges Erfolgserlebnis für uns alle.“
„Am härtesten trifft sie nun aber das „Social Distancing“. Ich meine damit nicht physischen Abstand zu halten, sondern die Folgen der Schutzmasken: Weil ihre Freunde die Masken auch am Spielplatz und im Pausenhof tragen müssen, versäumen unsere Kinder dort Teile des Gesprächs. Normalerweise gehen Kinder in den Pausenhof, um sich zu erholen. Meine Kinder müssen sich in der Pause noch mehr anstrengen, um alles zu verstehen. Wirklich beeindruckend ist aber, wie das Einfühlungsvermögen in der Freundesgruppe wächst.“
„Die zusätzliche Anstrengung hat sich ausgezahlt!“
„In der Zeit des Fernunterrichts haben wir uns angewöhnt vorzulernen. Wenn unsere Kinder neue Begriffe vor dem Klassenunterricht kennenlernen, können sie diese im Unterricht besser verstehen.“ Das behält die Familie bei, auch wenn der Unterricht jetzt wieder in der Schule stattfindet.
Bei Tochter Tahlita war eines Tages das Fremdwort „Idiosynkrasie“ ein solch neuer Begriff. „Wir haben ihn gegoogelt“, schmunzelt Mama Birdsey. Als der Lehrer im Unterricht dann fragte, ob eines der Kinder den Begriff kennt, konnte Tahlita ihn den anderen Kindern erklären. „Mama, ich habe mich so klug gefühlt!“, erzählt das Mädchen, und schließt die Erzählung von der Stundenwiederholung an: „Ich habe die Hand einfach nicht mehr heruntergenommen, weil ich auf jede einzelne Frage die Antwort wusste.“
Tochter mit Zauberkräften
Am selben Tag hatte Tahlita noch online Ballett-Unterricht, erzählt ihre Mutter: „Ihre Lehrerin gestaltet den sehr interaktiv. Eine der anderen Ballettschülerinnen konnte ihr Mikrofon aber nicht aktivieren. Sie war ziemlich frustriert, weil sie sich deswegen nicht richtig beteiligen konnte. Meine Tochter hat sie ermutigt: „Nicht aufgeben! Ich habe eine Zauberkraft, denn ich kann Lippenlesen. Ich werde für dich sprechen!“ Das haben die beiden dann so gemacht.“
Man hört den mütterlichen Stolz in Bianca Birdseys Stimme: „Letztlich konnte das hörende Mädchen mitmachen wegen der „Zauberkraft“ meines tauben Kindes: Sie bedankte sich bei Tahlita mit einem „Daumen hoch“. Und auch die Lehrerin zollte ihr Anerkennung: „Was hätten wir nur ohne dich gemacht? Du hast die heutige Stunde erst möglich gemacht!“ Unsere Tochter ist auf Wolke Sieben geschwebt: „Mama, das war der beste Tag meines Lebens!“.
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